Freitag, 12. Januar 2007

Wer die Wahrheit aufgibt, der gibt auch die Liebe auf

"Mit dem ständigen Aufruf zu einem "neuen Verständnis" bzw. "neuen Denken" dessen, was bisher als wahr galt, wird die natürliche Hinwendung der Menschen zur Erkenntnis fahrläßig oder böswillig erschüttert. Die perverse Wortverbindung "neues Denken" soll das Denken, das niemals neu, sondern immer nur wahr oder falsch sein kann, von der Idee der Erkenntnis abziehen und auf den Weg uferlosen Meinens lenken. Wer "neu denken" oder "neu verstehen" kann, der hat gewiß noch nie gedacht oder verstanden. Er schreitet nur in einem Meinen fort, das er sich generalisiert denkt oder wünscht. Diese Generalisation ist die Zerstörung jeglicher Erkenntnis. Ein Aufgaben der Erkenntnis aber bedeutet auch ein Aufgeben verantwortbaren Handlens; es bedeutet den geistigen und physischen Tod der Menschheit.
Wer die Wahrheit aufgibt, der gibt auch die Liebe auf: es geht dann nicht mehr um den anderen, nämlich um sein letztes, alles bestimmendes Urteil, seine Überzeugung. Es geht weder um diese Überzeugung in ihrer Bedeutung für ihn, noch in ihrer Bedeutung für mich. Der lebenslange "Dialog", zu deutsch: das monologisierende ewige Geschwätz, tritt an die Stelle der Erkenntnisbemühung; der andere wird moralisch getötet. Die "Interpretation", die respekt- und achtungslose Einordnung dessen, wofür der andere in Erkenntnis und Liebe steht, als geschichtlich überholte "Wahrheit" plündert danach den Toten noch aus, nicht seine Taschen, sondern seine intimste Sphäre, seinen Geist und sein Herz.
Das ist die Welt von morgen, die uns die Reformer von heute bereiten, wenn ihre Meinung von der Geschichtlichkeit der Wahrheit obsiegen sollte. Es ist deshalb notwendig, auf die tödliche Gefahr und ihre Gründe offen hinzuweisen."

Das ist die kristallklare, tiefsinnige Lagebeurteilung unserer Gegenwart, niedergeschrieben von Univ.-Prof. Dr. Reinhard Lauth, München. Lesen Sie die ganze Abhandlung über "Die absolute Ungeschichtlichkeit der Wahrheit", ein Büchlein mit diesem Titel, erschienen im W.-Kohlhammer-Verlag, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz.

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