Samstag, 10. November 2007

Die Wunderhostie von Seefeld / Innsbruck

Seefeld_Tirol_1-1 Buchstäbliche Urkunde über die Entstehung der heil. Hostie, verfasst auf Befehl Sr. Majestät Kaiser Karl VI.

Kundt und zuwüssen seye Jedermann.

Als in dem Jahr nach Christi Geburth aintaußent dreyhundert vier und achtzig ain Mächtiger Edelmann Nahmens Oßwald Milser, der zu selber Zeit den gleich außer Seefeld gelegenen Burgfriden und Schlößl Schloßberg besitzete, zur österl. Zeit den fünff und zwanzigsten Marty am heil. Grien Donnerstag das Allerheiligste Sacrament empfangen wollte, und auß all zu großen Hochmueth von dem Priester zu Seefeld nicht wie andere Layen, und arme Leüth mit einer kleinen, sondern mit einer großen Heil. Hostia gespeiset zu werden begehrte, der Priester auch ihme dieses begehren wegen seinen großen ansehen auß Forcht und Menschlicher Schwachheit, nit abzuschlagen gethrauete, mithin demselben die große Hostiam darreichte.

Das besagter Edlmann, so bald als ihme der Priester das heil. Sacrament auf die Zungen legte, vor dem Altar augenblicklich bis an die Knie in die Erdten gesunken, und da er sich an den Altarstein halten wollte, auch dieser der Hand wundersam gewichen seye. Wie dann die Zaichen noch allda zu sehen.

Wie dann der Priester die H. H. Hostiam dem Edlmann gleich wiederumen aus dem Mund nahme, wäre selbe von des Mundts Nattürlichen Feüchtigkeit etwas zusammengezohen, und mit Bluet- und Blauen Biß-Zeichen unterloffen, und wirdet dieselbe bis heunt zu Tag in diese Gesalt allhier in einer Monstranzen aufbehalten. Der Milser fielle in große Reühe, thete Bueß, und Starb nach zwey Jahre zu Stambs in aller Gottes-forcht. Sein Weib aber wollte obig ihro auß der Kürchen gleich beigebrachte Begebenheit nit glauben, es were dann, wie sye sprache, daß der ihro Zugegen gewesste Holzstock frische Rosen brächte, welches auch zu so ungewöhnlicher Jahres Zeit augenblücklich geschehen. Worüber Sye Rasend worden, und in die Wildnussen wie Wildes Thyer verloffen ist.

 

Von einem Zisterzienser-Ordenspriester ("Gebet- und Erbauungsbuch zunächst für die Wallfahrer zum heiligen Blute in der St. Oswalds-Kirche in Seefeld", Innsbruck 1886)

(Veröffentlicht in: «DAS ZEICHEN MARIENS», 24. Jahrgang, Nr. 9, Januar 1991, Seite 7634-3735)

Samstag, 10. März 2007

Eine höchst interessante, bestverbürgte Totenerweckung durch den hl. Kirchenlehrer und Bischof Franz von Sales

Pfarrer Wilhelm Schamoni hat aus den Heiligsprechungsakten 20 Auferweckungen vom Tode dokumentiert. Hier soll ein besonders eindeutiger Fall, nämlich die Auferweckung des Hieronymus Genin auf die Fürbitte des hl. Franz von Sales durch die Wiedergabe wesentlicher Teile von Aussagen aus dem Heiligsprechungsprozeß präsentiert werden, die Pfr. W. Schamoni übersetzt hat.
Die Aussage des Bruders des Verunglückten lautet wie folgt:

"Aussage des Franz Genin, Steuereinnehmer und Amtsschreibers von Ste Hélène-du-Lac, in der Diözese St. Jean de Maurien Savoyen:

Saint François de Sales, Évêque et Docteur de la Sainte ÉgliseIm Jahre 1623 wohnten mein Bruder Hieronymus und ich bei Herrn Claudius Puthod, Pfarrer von Les Ollières im Gebiet von Annecy, Diözese Genf. Unsere Eltern hatten uns dort in Pension gegeben, damit wir unter Anleitung des Herrn Claudius Crozet, des Vikars von Herrn Puthod, Latein lernen sollten.
Am letzten Tage des Monats April im Jahre 1623 war mein Bruder schwer von dem Herrn Claudius Crozet gezüchtigt worden, weil er seine Lektionen nicht gut gelernt hatte. Darauf faßten mein Bruder und ich den Entschluß, zu unsern Eltern zurückzukehren. Am gleichen Tage, ohne irgend jemand unser Vorhaben mitzuteilen, gingen wir am frühen Morgen los und kamen an den Fluß Fier, der von Les Ollières ungefähr drei kleine Meilen entfernt ist. Wir fanden den Fluß außerordentlich angeschwollen von dem Schnee, der einige Tage vorher reichlich gefallen war. Und da wir ihn auf drei Planken überschreiten mußten, die in keiner Weise aneinander befestigt waren, zögerten wir darüberzugehen, aus Furcht für unser Leben. Aber die Angst, wieder in die Hände des Herrn Crozet zu fallen, ließ uns diese Furcht überwinden. Jedoch, bevor wir es wagten, fühlten wir uns angetrieben, uns der Fürbitte des ehrwürdigen Dieners Gottes Franz von Sales zu empfehlen, und nachdem wir uns hingekniet hatten, machten wir das Gelübde, wir würden, wenn wir unter seinem Schutze über den Fluß kämen, sein Grab besuchen und die Messe in der Kirche der Heimsuchung (de la Visitation) hören, in der sein Leib ruht. Nach diesem Gelübde wollte mein Bruder, welcher der ältere war, als erster hinübergehen, und er sagte mir, ich solle es unter keinen Umständen wagen hinüberzugehen, bis er nicht auf dem anderen Ufer sei. Er befürchtete, durch die Bewegung der schwankenden Bretter könnten der eine oder andere oder sogar wir beide zusammen in den Fluß fallen. Ich blieb also am Ufer, während er fast bis zur Mitte des Flusses gelangte, wo er schwindlig wurde und daneben trat und mit dem Gesicht auf die Bretter fiel und mit lauter Stimme rief: "Seliger Franz von Sales, rette mich!" Ich hörte dies sehr genau. Ich eilte zwei oder drei Schritte auf die Bretter, um zu versuchen, meinem Bruder zu Hilfe zu kommen, so weit mein Alter und meine Kräfte es mir erlaubten. Aber vergebens! Denn im gleichen Augenblick fiel mein Bruder in den Fluß. Ich selbst war so erschrocken über seinen Fall, daß ich selbst auch auf die Bretter fiel, und ich war ebenfalls in Gefahr, das Leben zu verlieren. Da ich aber ziemlich nahe am Ufer war, rutschte ich, nachdem ich mehrere Male den Diener Gottes angerufen hatte, indem ich schrie: "Seliger Franz von Sales rette mich", auf dem Bauche bis zum Ufer, von dem ich hergekommen war, und nachdem ich mich aufgerichtet hatte, betrachtete ich den Lauf des Flusses, ob ich meinen armen Bruder sähe. Ich lief sogar das Ufer entlang ungefähr zweihundert Schritte, weinte und rief: "Mein Bruder, mein Bruder!" Aber ich konnte nichts anderes sehen als seinen Hut, der auf dem Wasser schwamm, und der war schon sehr weit von mir weg.
Da ich sah, daß Weinen nichts nützte, kehrte ich nach Les Ollières zurück, um Herrn Puthod unser Unglück zu melden. Wie ich nun durch das Dorf Ornay ging, fragten mich einige Leute, die mich weinen sahen, nach dem Grunde meiner Tränen. Als ich es ihnen erzählt hatte, eilten sie an das Ufer des Flusses, während ich nach Les Ollières ging. Da ich weder Herrn Puthod noch Herrn Crozet fand, mußte ich bis zum Nachbardorf weitergehen, um Hilfe zu holen und zu bestellen, man möchte den genannten Herren Puthod und Crozet Bescheid von dem Unglück geben, das meinem Bruder zugestoßen sei, wenn sie wieder zurückkämen. Darauf kehrte ich wieder an den Fluß zurück. Ich fand dort mehr als dreißig Personen. Mehrere sagten mir, sie suchten schon über drei Stunden, ohne meinen Bruder entdecken zu können. Einige Zeit später sah ich einen gewissen Alexander Raphin kommen, begleitet von seinem Sohn und mehreren anderen aus dem Dorfe Ornay. Man sagte mir, er sei der beste Taucher in der ganzen Gegend. Er pflegte zu tauchen und die Leichen der Ertrunkenen aus dem Fluß zu holen. Er habe schon eine ganze Anzahl solcher ans Land gebracht. Ich bat ihn unter heißen Tränen, meinen armen Bruder zu suchen, und ich versprach ihm, der Herr Pfarrer von Les Ollières, bei dem ich in Pension sei, werde es ihm reichlich wiedergutmachen.
Mehrere von den Anwesenden baten ihn ebenfalls darum. Er versprach, es zu tun, und fragte mich, an welcher Stelle mein Bruder hineingefallen sei. Nachdem er sie sich genau angesehen und die Tiefe gemessen hatte, zog er sich aus und sprang ins Wasser, wo er eine gute Viertelstunde, indem er immer wieder an die Oberfläche kam, um Luft zu schöpfen, tauchte. Da er nichts fand, stieg er aus dem Wasser, wobei er sagte, daß er nicht länger darin habe bleiben können. Nachdem er sich wieder angezogen und ein wenig Wein genommen hatte, wollte er gehen. Aber ich weinte so sehr, und diejenigen, die dabeistanden, baten ihn so dringend, daß er versprach, von neuem zu tauchen und nicht eher zu gehen, als bis er die Leiche meines Bruders gefunden habe. So sprang er, nachdem er sich lange ausgeruht hatte, an derselben Stelle wiederum ins Wasser und suchte nach allen Seiten. Dann ging er ein großes Stück weiter hinunter, ohne Erfolg, und gezwungen, aus dem Wasser zu steigen und seine Kleider wieder anzuziehen, sagte er von neuem, das Wasser sei zu kalt, als daß er noch länger suchen könne. Dann gingen alle, die herbeigekommen waren, mit dem Herrn Raphin den Fluß hinunter und hielten Ausschau, wo etwa der Körper festgehalten sein könnte. Schließlich, nach einer Stunde Suchens ungefähr, stießen sie in dem Dreh einer Krümmung des Flusses auf einen außergewöhnlich tiefen Kolk. Und der Herr Raphin und die anderen meinten, daß er vielleicht in diesem Wasserloch festliege. Darum entkleidete er sich wieder, und, nachdem er sehr lange getaucht hatte, kam er wieder hoch und rief: "Ich habe ihn gefunden!" Dann stieg er aus dem Wasser und sagte, er könne nicht mehr, er müsse sich erst erholen, dann werde er nochmals tauchen und ihn bergen. Das tat er, er brachte ihn an einem Arme hoch unter sehr großer Anstrengung. Der Sohn des genannten Raphin stürzte sich ins Wasser, um seinem Vater zu helfen und stieß den Körper vor sich her. Sobald er aus dem Wasser war, legte man ihn auf die Erde. Ich sah ihn so aufgedunsen und häßlich, daß er nicht mehr zu erkennen war. Die Anwesenden alle, weil sie ihn bewegungslos, ganz zerstoßen und blau sahen, sagten, er sei tot. Dann nahm ihn sich der Herr Raphin auf die Schulter und trug ihn in das Dorf Ornay und legte ihn in einer Scheune auf die Erde. Da aber der Herr Pfarrer von Ville gekommen war und ihn lange betastet hatte und keinerlei Bewegung feststellte, sagte er laut: "Er ist tot, daran kann man nicht zweifeln. Trotzdem, weil er bei Herrn Pfarrrer von Les Ollières wohnt, kann man ihn nicht beerdigen, bevor dieser benachrichtigt ist und über das Begräbnis verfügt hat."
Infolgedessen wartete man bis zum folgenden Tag. Inzwischen ließ Herr Pfarrer schon auf dem Kirchhof das Grab ausheben an der von ihm bezeichneten Stelle. Er fragte mich, ob es lange her sei, daß mein Bruder Hieronymus gebeichtet habe. Ich antwortete ihm, ich hätte gesehen, wie er am letzten Karsamstag bei Herrn Pfarrer von Les Ollières beichete. Mittlerweile war dieser Pfarrer selbst angekommen, und als er diesen armen Leichnam sah, kniete er sich hin und betete sehr lange. Als er sich dann erhob, ging er auf mich zu und sagte mir diese Worte: "Wenn du und dein Bruder gehorsamer gewesen wäret, würden du und ich weniger Leid haben." Er sagte mir, ich solle mit ihm zu Herrn Pfarrer von Ville gehen, und bat diesen Herrn Pfarrer um den Trost, am nächsten Morgen das Beerdigungsamt halten zu dürfen. Dieser war einverstanden und lud uns zum Abendessen ein. Während der Mahlzeit ließen sie sich von mir alle Einzelheiten des Unglücks erzählen. Ich erwähnte ihnen in besonderer Weise das Gelübde, das mein Bruder und ich dem Diener Gottes gemacht hatten. Darauf versicherte Herr Puthod, er habe sich, während er bei der Leiche betete, angetrieben gefühlt, Gott zu bitten, auf die Verdienste seines Dieners Franz von Sales diesem jungen Menschen, der seiner Obhut anvertaut worden war, das Leben wiederzugeben, und daß, wenn die göttliche Güte sein Gebet erhören würde, er gelobt habe, an neun Tagen nacheinander in der Kirche, in welcher der Leib des Dieners Gottes ruht, die hl. Messe zu lesen. Gegen Ende des Abendessens kam ein gewisser Stephan Gonet aus Annecy und wollte Herrn Pfarrer von Ville fragen, ob er etwas nach Annecy mitzunehmen habe. Herr Puthod, der Pfarrer von Les Ollières, kannte den Herrn Gonet und erzählte ihm die Bedrängnis, in der er sich befand, und von den Gelübden, die mein Bruder und ich und später er dem Diener Gottes gemacht hätten. Dann bat er ihn, er möge, wenn er nach Annecy gekommen sei, noch bevor er in sein eigenes Haus trete, so freundlich sein und die genannten Gelübde am Grabe des Dieners Gottes darbringen. Der Herr Gonet versprach es, er fügte sogar hinzu, er werde eine Messe in dieser Meinung lesen lassen.
Nach dem Abendtisch gingen die beiden Pfarrer in die Scheune, in welcher der Leichnam lag. Sie ließen Weihwasser bringen und beteten die Totenvigil. Ich ging mit ihnen und wollte bleiben und die ganze Nacht bei meinem armen Bruder wachen. Aber der Herr Puthod wollte es mir nicht erlauben. Er brachte mich ins Haus des Pfarrers von Ville zurück, wo ich schlief und erst ziemlich spät aufstand wegen meiner großen Müdigkeit. Sobald ich aufgestanden war, kehrte ich mit Herrn Puthod in die Scheune zurück. Ich fand die Leiche meines Bruders noch unförmiger und häßlicher als am Vorabend. Herr Puthod betete sehr lange und ging dann. Eine Stunde später kam er zurück mit dem Herrn Pfarrer von Ville. Sie hatten Rochett und Stola angelegt und kamen mit Kreuz und Weihwasser, um die Leiche zur Beerdigung abzuholen. Jedoch in dem Augenblick, wie man sie in einen Sarg legen wollte (nach der Gewohnheit jener Gegend, wo man die Leichen von Ertrunkenen erst dann in den Sarg legt, wenn man sie zur Beerdigung heraustragen will), erhob mein Bruder einen Arm. Ich hörte ihn klagen und diese Worte sprechen: "O seliger Franz von Sales!" Über diese Worte waren alle Anwesenden derart entsetzt, daß die einen davonliefen, andere in Ohnmacht fielen und die mutigsten riefen: "Ein Wunder, ein Wunder!"
Die beiden Herren Pfarrer faßten meinen Bruder an der Hand und hoben ihn hoch. Er war nun nicht mehr häßlich und unförmig, wie einen Augenblick vorher, sondern hatte sein gewöhnliches Gesicht. Als Herr Puthod ihn fragte, ob er ihn kenne, gab er diese Worte zur Antwort: "Ich kenne den seligen Franz von Sales, er ist mir erschienen und hat mir seinen Segen gegeben."
Man ließ Wein bringen. Er wusch sich Sand aus dem Mund, den Augen, Ohren, der Nase. Man gab ihm ein Hemd. Man konnte feststellen, daß er an mehreren Stellen zerstoßen war. Mit geliehenem Zeug kleidete man ihn an. Seine eigene Kleidung war ganz naß und voller Schmutz. Danach erzählte er, wie ihm im Augenblick, in dem er erweckt wurde, der Diener Gottes in bischöflichem Gewand erschien, so wie er auf unsern Bildern gemalt ist, und habe ihm seinen Segen gegeben. Er habe ein strahlendes Antlitz gehabt und ihn sanft und gütig angeschaut. Darauf zogen wir uns mit dem Herrn Puthod nach Les Ollières zurück. Als wir angekommen waren, strömte alles zur Kirche, wo Herr Puthod das Tedeum antstimmte.
Vom Abend dieses Tages an aß und trank mein Bruder wie gewöhnlich. Wahr ist, daß er in der Nacht über heftige Schmerzen an den Schenkeln, den Armen und Füßen klagte, und der Herr Puthod und ich sahen die Verletzungen an seinen Gliedern. Die Schmerzen dauerten bis zu dem Tage, an dem Herr Puthod uns nach Annecy brachte, um unsere Gelübde am Grabe des Dieners Gottes einzulösen (4. Mai). Als wir in die Kirche der Heimsuchung (de la Visitation) gekommen waren, ließ Herr Puthod meinen Bruder sich auf das Grab des Dieners Gottes legen. Nachdem er ungefähr eine halbe Viertelstunde darauf gelegen hatte, erhob er sich mit ungewöhnlichem Schwung, indem er sagte, die heftigen Schmerzen, an denen er vorher gelitten hatte, seien mit einem Schlage weg. Herr Puthod ließ ihn eines der Hosenbeine hochziehen, und wir fanden, daß alle seine Verletzungen geheilt waren. Als wir in den Gasthof zurückgekehrt waren und Herr Puthod ihn sich entkleiden ließ, stellten wir fest, daß ihm keine Spur von all seinen blutunterlaufenen Stellen geblieben war. Sein Körper war genauso gesund und unverletzt wie vor dem Sturz. Wir blieben in dieser Stadt die ganzen neun Tage. Wir hörten dort die neun Messen, die Herr Puthod in der Kirche feierte. Nach dieser Novene kehrten wir sehr getröstet nach Les Ollières zurück. Die Erinnerung an das Wunder ist meinem Geist so tief eingeprägt geblieben, daß kein Tag vergeht, an dem ich Gott nicht dafür danke und mich der Fürbitte seines Dieners empfehle."
Von der Aussage des Pfarrers Puthod sollen nur einige Passagen zitiert werden.
"Herr Kanonikus Puthod, zur Zeit des Wunders Pfarrer von Les Ollières, erklärte in seiner an Einzelheiten reichen Aussage:
Am 29. April kehrte ich aus dieser Stadt Annecy in mein Pfarrhaus von Les Ollières zurück. Dort erzählte ich, nachdem ich die hl. Messe gefeiert hatte, Herrn Claudius Crozet, meinem Vikar, und den Brüdern Hieronymus und Franz Genin die Auferweckung von Fräulein de la Presse. Die beiden jungen Schüler waren ungefähr 13 - 14 Jahre alt, gebürtig aus der Pfarrei Sainte-Hélène-du-Lac in der Diözese Maurienne. Ihre Eltern hatten sie bei mir in Pension gegeben, damit sie unter Anleitung des Herrn Crozet die lateinische Sprache erlernen sollten. Die Auferweckung dieses jungen Mädchens auf die Fürbitte des Dieners Gottes Franz von Sales gab mir Gelegenheit, die beiden Schüler zu ermahnen, daß sie ihn verehren sollten ...
Ich wurde zur gleichen Zeit innerlich stark angeregt, Gott und seinem Diener Franz von Sales zu versprechen, daß ich, wenn es der göttlichen Güte gefallen würde, zur Verherrlichung dieses seines wahren Dieners diesem Leichnam das Leben wiederzugeben, neun Tage in dieser Stadt Annecy bleiben würde, um an ihnen neun Messen in der Heimsuchungskirche zu feiern, wo sein Leib ruht. Ich machte dieses Gelübde in der Scheune, nachdem ich ein De profundis (= Ps 129) für die Seelenruhe des Jünglings gebetet hatte...
Ich kehrte in die Scheune zurück und ging sogleich auf den Körper zu, dessen Gesicht schon von einem der Beistehenden freigemacht war. Ich war erstaunt aufs äußerste, diesen jungen Mann voller Leben zu sehen. Sein Gesicht war so wie vor seinem Tode, die Augen offen, die Stimme ziemlich fest, besonders als ich ihn fragte, ob er mich nicht kenne. Er antwortete mir: "Ich kenne den seligen Franz von Sales, durch den ich auferweckt bin; und ich kenne auch Sie, Herr Pfarrer." ...

Reliquienschrein des hl. Franz von SalesReliquienschrein des hl. Franz von Sales in der Basilika der Visitation von Annecy. (Prokura der Missionäre des hl. Franz von Sales, 6, chemin du Bac, Genf)

Am 4. Mai des genannten Jahres 1623 machten die Brüder Hieronymus und Franz Genin und ich uns gegen fünf Uhr morgens auf den Weg, um uns zur Erfüllung unserer Gelübde in diese Stadt Annecy zu begeben, zum Grabe des Dieners Gottes Franz von Sales. Wir kamen dort gegen neun Uhr morgens an. Ich feierte die hl. Messe, die erste der neun, die ich versprochen hatte, dort zu feiern. Ich reichte in ihr Hieronymus und Franz Genin die hl. Kommunion, und sofort, nachdem ich in der Sakristei meine Danksagung beendet hatte, ließ ich Hieronymus sich mit seiner ganzen Länge auf das Grab des Dieners Gottes hinlegen. Er blieb so ungefähr eine halbe Viertelstunde, währenddessen ich mit seinem Bruder Franz auf den Knien blieb. Am Ende dieser Zeit erhob er sich mit einem ungewöhnlichen Schwung, indem er uns genau diese Worte sagte: "Durch die Barmherzigkeit unseres Herrn sind meine Schmerzen plötzlich verschwunden." Aus diesem Grunde wollte ich seine Füße, seine Schenkel, seine Arme nachsehen, die ich an diesem selben Tage, bevor wir von Les Ollières fortgingen, noch ganz schwarz und blau gesehen hatte. Darum ließ ich ihn eines seiner Hosenbeine hochziehen, und ich sah, daß sein Fuß ohne jede schwarze und verletzte Stelle war. Ich dankte Gott für diese Gnade. Und als wir in den Gasthof zurückgekehrt waren, untersuchte ich nochmals seinen ganzen Körper, und ich fand ihn ebenso gesund wie vor dem Sturz in den Fluß.
Wir blieben in Annecy die ganzen neun Tage, an denen ich die gelobten neun Messen zelebrierte ..."

Zum Schluß zitiert Pfarrer Schamoni noch aus der Heiligsprechungsbulle des Papstes Alexander VII.:
"Es steht durch öffentliche Verhandlungen, die in Unserem und der hl. Ritenkongregation Auftrag vorgenommen und mit Sorgfalt durchgeführt sind, fest, daß Hieronymus Genin, der vom Wasser verschlungen war, gerade als sein schon riechender und in einem Leichentuch eingehüllter Leichnam herausgetragen werden sollte, wieder lebendig wurde, die Arme erhob, zu sprechen anfing und Franz von Sales pries, der ihm im selben Augenblick, da ihm das Leben zurückkehrte, erschien im bischöflichen Gewand und mit gütigem und verklärtem Antlitz.[Magnum Bullarium Laertii Cherubim, Luxemburgi 1727, VI, 224]"

Aus: "Überprüfte Wunder", von Harald Grochtmann, Verlag Hl. Pater Maximilian Kolbe, 1988, und "Wunder sind Tatsachen" ("Parallelen zum Neuen Testament"), von Wilhelm Schamoni, Joh. Naumann-Verlag, Christiana-Verlag, Veritas-Verlag. (Der vorstehende Artikel ist erstmals erschienen in «DAS ZEICHEN MARIENS», 24. Jahrgang, Nr. 1-5, Oktober A.D. 1990, Seiten 7525-7527)

Siehe auch die französische Version dieses Totenerweckungsberichtes!

Mittwoch, 28. Februar 2007

Die Geschichte der Muttergotteserscheinungen von Obermauerbach, bei Aichach

„Wir erzählen hier eine ausführliche, der Wahrheit getreue Geschichte von der allerseligsten Jungfrau Maria, welche einem Hirtenknaben beim Hüten seines Viehes in einem Walde erschienen und deren Inhalt die Verfasser aus dem Munde des Hirtenknaben und seiner Eltern selbst vernommen haben.
Da schon mehrere Schriftchen über diese Erscheinung bekannt sind, selbe aber entweder zum Theil entstellt oder allen Wahrheitsgrund entbehren, so fanden wir uns bewogen, den wahren Sachverhalt der That zu untersuchen; und wir sind jetzt in den Stand gesetzt, da wir Augenzeugen und auf dem Platze waren, den daran Gläubigen dieses wundersame Ereigniß an's Herz zu legen.
Ein und eine halbe Stunde von AICHACH, einem lebhaften Städtchen, in Oberbayern gelegen, auf einer mit Tannen und Kornfeldern besäeten Höhe liegt das Pfarrdorf OBERMAUERBACH, und eine Viertelstunde davon östlich entfernt ein Wald, „BUCHSCHATTEN" genannt. Bevor wir uns aber auf diesen Platz begeben, müssen wir die genaue wahrheitsgetreue Schilderung des Lebens des Hirtenknaben geben.
JOHANN BAPTIST STICHLMAIR, geboren den 30. October 1835 in dem Pfarrdorf Obermauerbach, war fleißig und lernbegierig in der Schule und andächtig in der Kirche, welches Zeugniß der jetzige Herr Pfarrer Eustach Wiedemann, welcher seit 14 Jahren Seelsorger der oben erwähnten Gemeinde ist, dem Knaben gibt. Seine Eltern Jakob Stichelmair, Halbgütler, und dessen Ehefrau Katharina geborne Riedelberger, schlichte und brave Leute, gaben ihm nebst noch drei Schwestern eine christliche Erziehung und erzogen ihn in der Furcht des Herrn und Verehrung der allerseligsten Jungfrau Maria.
Vergangenes Frühjahr heurigen Jahres trat oben erwähnter Knabe in Dienst zum Hüten des Viehes, bei Lorenz Oswald, Ziegler zu Obermauerbach. Eines Morgens, es war der 12. MAI 1848, Vormittags 10 Uhr, trieb der Hirtenknabe sein Vieh in die Nähe der jetzt geheiligten Stätte; dort sich seinen Gedanken hingebend, erblickte er nach einer Weile, daß sich von seiner Heerde einige Kühe verlaufen hatten, er eilte ihnen ins Gebüsche nach, sah hin und her und erblickte auf einmal, o Himmel! eine wunderschöne Frau auf einem abgehauenen Baumstocke sitzen, welche bitterlich weinte; der Knabe stand ungefähr 30 Schritte entfernt, sah an der herrlich schönen Frau weder Hand noch Fuß, sondern die ganze Gestalt war eingehüllt in ein Kleid, dessen Farbe war wie frisch aufgeblühte Rosen, und ein weißer Schleier, schimmernder als der neugefallene Schnee, wallte bis auf den Boden. Ihr Gesicht war, wie man sich nur die Himmelskönigin vorstellen kann, und auf ihrem Haupte prangte eine goldene zackige Krone, deren Glanz und Farbenpracht strahlender als die Sonne erschien. Mitten in der Krone brannte ein Licht. Doch der Knabe, als er sie eine Weile betrachtet, dachte an sein Vieh, trieb es zusammen und als er wieder an seine vorige Stelle kam, war die schöne Frau verschwunden und er sah nichts als den leeren Baumstock; im Dorfe hörte er Mittag läuten und so machte er sich in Gottes Namen mit seinem Vieh auf den Weg nach Hause, immer in Gedanken mit der wunderbaren Erscheinung beschäftigt, welche er sich nicht enträthseln konnte.
Als er nach Hause zurückgekehrt war, erzählte er seinem Dienstherrn, was ihm begegnet und was er gesehen. Dieser nahm die Sache anders und sagte zu dem Knaben: „Dir hat geträumt? Du wirst geschlafen haben?" Der Knabe aber sprach: Nein, nein! mit offenen Augen sah ich Alles, und nicht geschlafen habe ich; sondern ich stand von der lieblichen Frau nur 30 Schritte entfernt." Nun meinte sein Herr, sollte Dir noch einmal die schöne Frau erscheinen, so gehe beherzt auf sie zu und frage sie, was sie wolle.
Johann Stichelmair trieb nun am selben Tage, nämlich am 12. Mai 1848 Nachmittags auf Zureden seines Meisters oder Dienstherrn sein Vieh zum zweiten Mal in jene Gegend, wo er dasselbe am Morgen gehütet hatte, und siehe da: Abends gegen 5 Uhr stellte sich die nämliche Erscheinung der allerseligsten Jungfrau wieder ein. Sie saß auf dem zurückgebliebenen Stocke eines gefällten Birkenbaumes und weinte. Auch jetzt winkte sie dem Knaben.
Derselbe trat vor sie hin, und stand ihr vor Ehrfurcht und Andacht, ganz geblendet von dem Glanze, der sie umstrahlte, und den er mit dem Glanze vieler Spiegel verglich, gegenüber. — Drei große Hauptstrahlen flossen, die ganze Gegend erleuchtend, und ihre dreifache Beziehung zur Gottheit als Tochter des Vaters, Mutter des Sohnes und Braut des hl. Geistes sinnbildend, von ihr aus und in der Helle ihres Glanzes waren Hände und Füße verhüllt und unsichtbar. Da redete sie den Knaben mit außerordentlich wohltönender, harmonischer und feiner Stimme also an:
„KOMM NÄHER, LIEBER JOHANN (sie nannte ihn beim Namen) UND SEI OHNE FURCHT UND MERKE AUF DAS, WAS ICH DIR OFFENBAREN WILL, AUF DASS DU ES DEN MENSCHEN WIEDER VERKÜNDEST. NICHT MEHR BIN ICH IM STANDE JENE GROSSEN STRAFEN, MIT DENEN GOTT DIE MENSCHEN HEIMSUCHEN WILL, ZURÜCKZUHALTEN, DENN OHNE NÄCHSTENLIEBE SIND DIESELBEN GANZ IN BOSHEIT VERSUNKEN, NUR DIE SCHLEUNIGSTE BUSSE KANN SIE NOCH RETTEN UND GOTTES ZORN ABWENDEN. AUSSERDEM WIRD EINE UNGEWÖHNLICH GROSSE STERBLICHKEIT MIT SEUCHEN UND EINEM VERHEERENDEN VÖLKERKRIEGE ÜBER SIE HEREINBRECHEN UND SCHULDIGE ZUR STRAFE DER HÖLLE UND AUCH UNSCHULDIGE ZUM LOHNE DES HIMMELS DAHIN RAFFEN. HAST DU ES AUCH WOHL VERSTANDEN, MEIN LIEBES KIND, VERGISS NICHT, ES DEN MENSCHEN, SO WIE ES DIR GEOFFENBART WURDE, WIEDER ZU OFFENBAREN."
Als sie diese Worte gesprochen hatte, erhob sie sich in die Lüfte. Der Knabe, in dessen Innern eine wunderbare Rührung während dieser Anrede der hl. Jungfrau vorgegangen war, und dessen Augen voll Thränen waren, sah auf einmal nichts mehr. Aber da schwebte die heilige Mutter noch ein Mal seinen Augen sichtbar zum Boden nieder und erhob sich erst dann, nachdem sie hiedurch glaublich die volle Gewißheit ihrer Erscheinung hatte leisten wollen, wiederholt zum Himmel und entschwand seinen Blicken. Der Schimmer bei ihrem allmähligen Verscheiden war ein ganz unbeschreiblicher und wurde auch von einer Bäuerin, die mit ihren beiden Mägden im Felde arbeitete, mit Erstaunen wahrgenommen.
Des andern Tages erfuhr es mein würdiger Seelsorger, Herr Pfarrer Wiedemann, und des folgenden Tages spät am Abend meine lieben Eltern, sagt der Knabe. Gleich einige Tage nach der Erscheinung und dessen Offenbarung strömten Leute, geistlichen und weltlichen Standes, aus allen Gegenden herbei, welche sich auf die geheiligte Stelle, wie auch in die Wohnung meiner Eltern begaben, um das aus meinem Munde zu vernehmen, was ich gesehen und gehört habe. Gern bin ich bereit allen Menschen, wessen Standes sie sind, der Wahrheit gemäß zu verkünden, was die glorreiche Himmelskönigin mir als heiligste Pflicht übertragen hat.
In Folge dieser Verkündung der allerseligsten Jungfrau Maria, mit den ernsthaften Worten eine verhängende Strafe über die Menschen erwartend, und durch das Herbeiströmen so vieler Tausend Gläubigen, welche Alle aus des Knaben Munde die Wahrheit erfahren wollten, wurde er so nachdenkend und fühlte sich im Innern seines Gemüths so angegriffen, daß er von einer achttägigen Krankheit befallen wurde, jetzt aber sich wieder gesund befindet. Gott sei tausendfältiger Dank gesagt, und der allerseligsten Himmelskönigin, Jungfrau und Mutter Gottes Maria.
Der Birkenstock ist vom gläubigen Volke ausgegraben und in tausend Partikeln vertheilt worden. Eine Menge von Pilgern besuchen den Ort dieser heiligen Erscheinung und viele kranke Wallfahrter kehrten seit dieser Zeit, wunderbarer Weise geheilt in ihre Heimath zurück.
Diese erzählte Geschichte der Erscheinung der Mutter Gottes zu Obermauerbach wurde, wie erwähnt, genommen aus der Erzählung zweier Augenzeugen und aus Mittheilungen aus den Untersuchungsakten des Landgericht Aichach. Auch wurde diese Geschichte von dem erzbischöflichen Ordinariat geprüft und wahr befunden. Diese Mittheilung ist erprobte Wahrheit, auf die man sich vollkommen verlassen kann. Auch viele wundervolle Krankenheilungen bestätigen fortwährend diese Wahrheit.


DIE WEITEREN ERSCHEINUNGEN DER HEILIGSTEN JUNGFRAU MARIA ZU OBERMAUERBACH BEI AICHACH IN BAYERN
am 16. und 28. Juni 1848, in Gegenwart von 56 Personen,
welche dieses Wunder mit Gut und Blut behaupten und beschwören.
(Nach Johann Deschler in der Vorstadt Au bei München)

VORWORT

Die Erscheinung der heiligen Jungfrau Maria auf dem Berge Salette in Frankreich und die daselbst geschehenen Wunder haben nicht nur alle frommen christgläubigen Seelen mit Erstaunen und Freude erfüllt, sondern viele ungläubige Franzosen bekehrt und sie zu dem heiligen Licht des Glaubens gebracht. Nun wollte Gott, der Allbarmherzige, auch dem deutschen Lande eine Ermahnung auf diesem wunderbaren Wege gewähren, und ließ deßhalb die heilige Ursula zu Köln in der Domkirche mit dem Schwert in der Hand, und dem Hirtenknaben J. Stichelmair in Obermauerbach die heilige Jungfrau Maria zweimal erscheinen und zwar mit einer wahrhaft himmelsmütterlichen Ermahnung für die Menschenkinder, die Sie so gerne Alle in ihren himmlischen Schutz nehmen möchte, und wahrlich, solche Wunder Gottes hätten denn doch eine allgemeine Aufmerksamkeit erregen, und den übermüthig dumm stolzen Sinn der ungläubigen Spötter beugen sollen; aber nichts desto weniger! Nicht nur theilnahmlos und mit zweifelhaftem Glauben wurde dieses große Wunder allenthalben aufgenommen, weil ein Hirtenknabe die Angabe gemacht, sondern sogar mit frechem Hohne in öffentlichen Blättern darüber hergefallen und als das Possenspiel einer Pfarrerköchin hingestellt, um auch noch die katholische Geistlichkeit zu verdächtigen. Aber siehe da! Die Bosheit und der Unglauben sollte zu Schanden werden; so fügte es der allbarmherzige Gott, daß die heilige Jungfrau Maria noch zweimal vor vielen Augenzeugen erschien, deren Aussagen man nicht verwerfen kann, weil sie alle entschlossen sind, wie es sich auch gebührt, für die Wahrheit des Gesehenen mit Leben und Seligkeit einzustehen. Auf den Grund der vielseitigen Entstellung dieser heiligen Sache und der vielseitig verbreiteten Lügen hierüber hat das Erzbischöfliche Ordinariat über dieses Faktum in Bezug auf die Individualität des Hirtenknaben eine Untersuchung angeordnet, nach deren Resultat die Aussage des J. Stichelmair sowohl nach seines Geistes Fähigkeiten als in Beziehung auf seinen moralischen Werth, nicht bezweifelt werden kann, jetzt aber wohl durch die neuesten zweimaligen Erscheinungen, die in Gegenwart so vieler Augenzeugen geschehen sind, das große Wunder auf die ecclatanteste Weise bewahrheitet wurde.


ERSTE ERSCHEINUNG

Es war am Tage des heiligen Benno, unseres Stadt- und Landespatrons, nämlich Freitag den 16. Juni 1848, Abends halb 7 Uhr, als oben hoch in den Wolken, über dem Platze, wo die heilige Jungfrau dem Hirtenknaben erschien, von mehreren anwesenden Leuten ein heller Glanz gesehen wurde. Man achtete Anfangs nicht darauf und glaubte es sei ein Reflex der untergehenden Sonne, allein allmählig entfaltete sich diese Lichtwolke zu einem wunderschönen regenbogenfarbigen Kranze, welcher sich wie die mit farbigen und beleuchteten Glaskugeln umgebene Pforte eines heiligen Grabes gestaltete, und langsam herniederschwebte bis zur Höhe eines Tannenbaumes von der Erde entfernt. Jetzt war das Erstaunen allgemein, besonders da man bald nachher in Mitte dieses strahlenden Kranzes den heiligen Namen Jesus in hochrother feuriger Farbe erblickte. Vom Erstaunen hingerissen, fielen nun die 16 anwesenden Personen auf die Kniee, verwandten kein Auge von dem Orte, an welchem sich nun auch die hl. Jungfrau Maria, nachdem der hl. Namen Jesu verschwunden war, im goldenen Gewande präsentirte. Ein Schrei der höchsten Verwunderung verkündete jetzt diese Wundererscheinung, deren Glanz das menschliche Auge nicht ertragen konnte, wenn nicht denselben manchmal von Sekunde zu Sekunde eine leichte Wolke gemildert hätte. Mit tiefergriffenem Gemüthe und zerknirscht über die große Gnade, mit welcher diese Versammlung beglückt wurde, entströmten jeder Person jetzt Thränen der Freude; — kein Mensch sprach ein Wort, man konnte nur ein lautes Schluchzen und Weinen vernehmen; Alle waren verstummt vor freudenvollem Schrecke und nur durch die Zeichen der höchsten Bewunderung, die man sich gegenseitig durch fragende Blicke und Händeringen gab, konnte der laute Wunsch entnommen werden, daß man alle Menschen der Welt hieher rufen möchte, damit sie sich von dieser himmlischen Erscheinung überzeugen und sie auch das große namenlose Glück des Anblickes derselben genießen könnten.
Hört es ihr frommen Christen alle zur Kräftigung eueres Glaubens und Vertrauens! Hört es aber auch ihr ungläubigen Spötter zu euerer Erleuchtung! — Eine ganze halbe Stunde wurde diese Versammlung beglückt mit der Anschauung dieses großen Wunders göttlicher Barmherzigkeit, gleichsam als wollte die heilige Jungfrau in tiefer Betrübniß, aber doch freundlich lächelnd, den Menschenkindern zurufen: „Schauet alle hieher und gebt Zeugniß den Ungläubigen, damit sie zur Erkenntniß kommen!" — Nach einer halben Stunde erhob sich dieses Himmelsgebilde allmählig in die Wolken, welche den unendlichen Glanz desselben bedeckten und sich bis zu dem gänzlichen Entschwinden in ein purpurfarbiges Licht verwandelt hatten.
Einige von dieser Versammlung eilten zwar während der noch schwebenden Erscheinung in das eine Viertelstunde entlegene Mauerbach, um dessen Bewohner und den Herrn Pfarrer herbeizuholen; allein dieser war nicht zu Hause, und die Leute, welche hievon Kenntniß erhielten, kamen zu spät, um des Glückes noch theilhaftig zu werden, welches ihnen von allen Anwesenden weinend und mit freudenvoller Rührung umständlich erzählt wurde.


DIE ZWEITE ERSCHEINUNG

der heiligen Jungfrau Maria geschah am 12. Tage nach der ersten, nämlich Mittwoch den 28. Juni 1848, um halb 5 Uhr Abends, auf dieselbe Weise wie am heiligen Benno-Tage; aber in diesem Momente waren 40 Personen auf diesem Platze anwesend, und Alle haben dieses große Wunder mit eigenen Augen gesehen; alle wurden sie hiedurch mit einem Glücke begnadigt, das sie für das größte ihres Lebens halten.
Eine glanzstrahlende Wolke und der sich allmählig in gelb, blau und rothen Farben bildende, mit leuchtenden Kugeln umgebene, herrliche Kranz verkündigte auch dießmal der erwartungsvollen, auf den Knieen hegenden betenden Versammlung die himmlische Erscheinung, welche auch sogleich, jedoch aber mit dem Unterschiede von der ersteren erfolgte, daß der heilige Namen Jesus sich dießmal nicht präsentirte und die heil. Jungfrau Maria mit dem Jesukinde auf dem Arme erschien. Die Himmelskönigin trug wieder eine glanzstrahlende, goldene Krone auf dem Haupte, in deren Mitte eine kleine rothe Flamme leuchtete, und ein goldstoffenes Kleid an der heil. Jungfrau war deutlich zu erkennen. Diesen seligen himmlischen Anblick konnten die Begnadigten auch jetzt wieder eine halbe Stunde lang genießen, und dieses große Wunder bezeugen jetzt 56 Menschen aus allen Ständen mit Gut und Blut, und beschwören das wunderbare Faktum mit Leib und Leben bei ihrer Seligkeit.
Die Geschichte der Erscheinung der seligsten Jungfrau Maria am 12. Mai, dem Joh. Stichelmair wurde gerichtlich untersucht, sehr genau und wahr befunden. Der Knabe besteht fest auf seiner Aussage bei allen Proben und auch viele daselbst vorkommende Wunder an Kranken, die daselbst gesund wurden, oft von Lähmung und andern veralteten Uebeln und Leiden, bestätigen ebenfalls die Wahrheit. Vier Kranke fanden ihre Gesundheit nur dadurch, daß sie in das Loch gebracht wurden, wo der Birkenstock ausgegraben wurde, auf dem die Mutter Gottes saß. Diese wunderbare Erscheinung ist also sehr sicher und außer allem Zweifel, also sind auch ihre Prophezeiungen wahr und werden ohne Zweifel in Erfüllung gehen, oder haben vielmehr schon angefangen in Erfüllung zu gehen.
Betrachten wir nun diese Erscheinungen alle, so sind sie alle in der Hauptsache vollkommen übereinstimmend. Sie enthalten erstens eine Weissagung nahe bevorstehender Strafen wegen der Unbußfertigkeit. Wenn also die Menschen nicht wahre Buße wirken, so soll eine große Strafe über sie kommen. Daß aber keine Buße gewirket wird, sondern daß die Menschen immer noch mehr in der Unbußfertigkeit verhärtet werden, weiß Jedermann, folglich wird die angedrohte Strafe nicht ausbleiben, welche die Himmelskönigin selbst ankündet, so wie der Sohn Gottes sie auch selbst über das unbußfertige Judenthum angekündet hat.
Zweitens legt die seligste Jungfrau Maria an den Tag, mit welcher Liebe sie auch jetzt noch sich um die Menschenkinder annehme. Daß die Menschen so unbußfertig leben und dadurch ihrem Verderben entgegen gehen, ging ihr sehr zu Herzen. Sie weint darüber wie es Jesus einst gethan hat, indem er über das unbußfertige Judenvolk weint und ihm sein hartes Schicksal ankündet. Auch sehen wir nach diesen Erscheinungen, wie sehr sich die Jungfrau Maria um das Wohl der Menschen annehme, und wie sehr sie über die Unbußfertigkeit der Menschen sich betrübe. Es ist nun kein Zweifel mehr, daß diese Prophezeiung, welche die seligste Jungfrau Maria verkündet hat, nicht bald soll in Erfüllung kommen.
Drittens. Da die seligste Jungfrau Maria ein Bild der katholischen Kirche, und ein wunderbares Zeichen ist, das Joh. Off. 12,1 am Himmel erscheinen sah, ein Weib, das mit der Sonne Prachtgewand bekleidet war, den Mond unter ihren Füßen habend, so scheint Johannes gerade in diesem Verse auf diese Erscheinung hingewiesen zu haben, denn er sah ja seine Erscheinung im Geiste gerade so, wie sie sich am 16. und 28. Juni 1848 zu Obermauerbach von 56 lebendigen Zeugen offenbar dargestellt hat. Da nun dieses Zeichen, das Johannes schon so viele Jahrhunderte voraussah, jetzt einmal offenbar geworden ist, so verkündet uns dieses, daß auch das andere Zeichen erscheinen wird, nämlich ein blutrother Drache, den Johannes am Himmel sah. Johannes mag da auf die am Himmel erschienene Röthe hinweisen, die man insbesondere mit Schrecken am 18. November 1848 am Himmel erblickte und einem blutrothen Drachen glich, welches Zeichen man erst nach dem ersten Zeichen erblickte. Johannes selbst nennt diese Erscheinungen Zeichen, deren Bedeutung er aber im 12. Kapitel selbst erklärt. Demgemäß verkünden uns diese beiden Zeichen, daß nun soll offenbar und erfüllt werden, was er im 12. Kapitel seiner Offenbarung geschrieben hat. Es ist ein gewaltiger Kampf, den die Kirche mit der Höllenmacht durchzuführen hat, wobei sie noch große Trübsale auszustehen hat, größere als sie von Anfang her erlitten hat, davon ich im I. Theil gesprochen habe, wo ich dieses Zeichen schon einigermaßen erklärt habe: denn jetzt fangen diese Sachen an gegen das Ende zu gehen.
Viertens weiset diese Erscheinung vorbildlich auf die glorreiche Ankunft JESU CHRISTI mit seinem Himmelsheere vom Himmel her mit großer Pracht und Herrlichkeit und auf die baldige Ankunft des Reiches Gottes auf Erden, nachdem das Lamm den Sieg erhalten hat und alle irdische Königreiche zerstäubet und spurlos verschwunden sind.. (Daniel 2,35)
Fünftens endlich fordert uns all dieses auf, daß wir auf schwere Trübsale und Anfechtungen gefaßt und gestärkt sein sollen, durch einen bußfertigen Lebenswandel, um in kommender Prüfung bestehen zu können.


Ambros Oschwald, Baden, 1849
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Das Vorstehende ist eine Zusammenfassung ursprünglich zweier Teile, die erstmals erschienen sind in der Monatszeitschrift «DAS ZEICHEN MARIENS», 8. Jahrgang, Nr. 5/6, September/Oktober 1974 und Nr. 7, November 1974.

Sonntag, 18. Februar 2007

Maria hilf! - Maria mit dem Kinde lieb, den Kindern Deinen Segen gib!

Wie ist Dein Blick so voll Erbarmen, Du Mutter, mild und königlich,
Wie schmiegt - geschützt von Deinen Armen - das Gotteskind sich eng an Dich!
Als Menschenkind fühlt's alle Wehen, fühlt ganz wie wir des Lebens Schmerz
Und will mit jedem Kummer gehen an's jungfräuliche Mutterherz!

So hat es uns den Weg gewiesen - den besten! - an Dein Herz so rein,
Und ewig soll von uns gepriesen dies Herz als uns're Rettung sein!
Maria hilf! in jeder Lage des Lebens rufen wir zu Dir;
Maria hilf! denn alle Tage bist Du uns Heil und Hoffnung hier!

Maria hilf! - mit Deinen Händen so mütterlich, so lieb und lind,
Woll'st alle Not Du von uns wenden, woll'st schützen uns wie einst Dein Kind!
Maria hilf! in unserm Leben, hilf, wenn im Tod das Auge bricht;
O hilf! und kröne unser Streben barmherzig einst im ew'gen Licht!

Freitag, 16. Februar 2007

Die Wunder des heiligen Franziskus Xaverius

Der zweite Elias

Bei seiner Ankunft auf der Molukkeninsel Ulate fand Pater Franz alles unter Waffen, und der König, in der Hauptstadt eingeschlossen, stand im Begriff, sich zu ergeben. Nicht gebrochene Kraft, sondern Wassermangel drängte zu diesem Schritt, denn der Feind hatte alle Wasserleitungen abgegraben, und der Himmel war so heiter, daß man die Hoffnung auf baldigen Regen sinken ließ. Die Qual des Durstes wurde noch fühlbarer durch eine unerträgliche Hitze. Der Heilige fand hier eine günstige Gelegenheit, einen Sieg für Christus zu erringen. Er ließ sich dem König vorstellen und erbot sich, diesen aus der Not zu befreien. „Erlaube mir", sprach er, „hier ein Kreuz zu errichten, und vertraue dem Gott, den zu verkündigen ich gekommen bin; er ist der Herr aller Dinge; die ganze Natur gehorcht ihm. Er ist es, der die Schleusen des Himmels öffnet und regnen läßt, wann es ihm gefällt. Wenn er nun unser Flehen erhört, so versprich mir, daß du seine Allmacht anerkennen, und dich samt deinen Untertanen seinem heiligen Gesetz unterwerfen willst." Der König in seiner Not gelobte feierlich, falls ihm Hilfe werde, das Begehren des Paters zu erfüllen. Hierauf ließ Xaver auf der Höhe der Stadt ein Kreuz errichten, und Soldaten, Frauen und Kinder drängten sich voll Neugier heran und verharrten in gespannter Erwartung. Im Beisein aller ließ der Heilige sich auf die Kniee nieder und bat den König des Himmels um des bitteren Leidens und Sterbens seines Sohnes willen zum Heile dieser in Finsternis schmachtenden Menschen einen erquickenden Regen zu senden. Während des Gebetes überzog sich der Himmel allmählich mit Gewölk, und nach Beendigung desselben fiel ein Regen in solcher Menge hernieder, daß man Wasservorräte sammeln konnte auf lange Zeit. Die Feinde, jetzt entmutigt, sich der Stadt bemächtigen zu können, hoben die Belagerung auf. Der König floß über von Dankbarkeit. Mit dem versammelten Volk empfing er die Taufe und bat den Heiligen, auch den Völkern der übrigen Inseln den wahren Gott und das rechte Gesetz zu verkünden.

Ein denkwürdiger Sieg

Heiliger Franziskus XaveriusSeit der Eroberung Malakkas durch die Portugiesen war die Eifersucht der benachbarten Könige geweckt, und diese machten einige Versuche, die Europäer aus Indien zu vertreiben. Der Beherrscher des Königreichs Achen auf Sumatra war besonders feindselig, wie gegen die Christen überhaupt, so besonders gegen die Portugiesen gestimmt. Mißglückte Versuche hatten ihn nicht abgeschreckt, sondern ihn noch erbitterter gemacht, und er bedrohte unablässig die Küste, störte die Handelsverbindungen und suchte jede etwaige Verstärkung der Portugiesen aus Europa abzuschneiden. Die Festung Malakka beabsichtigte er erst dann anzugreifen, wenn dieselbe hinlänglich von Lebensmitteln und Mannschaft entblößt sei. Zur Sicherheit seines Unternehmens bedurfte er des nördlich von Malakka gelegenen Hafens. Er bemächtigte sich desselben und ließ eine Zitadelle dortselbst bauen. Die Kriegsvorbereitungen wußte er so im geheimen zu bewerkstelligen, daß die Portugiesen nicht den mindesten Verdacht schöpften. 5000 im Seekrieg erprobte Soldaten wurden für das Unternehmen erkoren, dazu noch 500 Edelleute, welche sich Arobalons nannten und zum Zeichen ihrer hohen Abkunft goldene Armbänder trugen. Außerdem stand noch eine große Anzahl von Janitscharen zur Verfügung, und der Abenteurer brannte vor Begierde, an den verhaßten Christen seine Tapferkeit zu erproben. Außer den Booten, Fregatten und Brandern zählte die Flotte sechzig größere, wohl ausgerüstete Schiffe. Den Oberbefehl bekam ein als Held berühmter Sarazene: Bajaja Soora, dem der König schon im voraus für die glückliche Eroberung Malakkas den Titel „König von Pedia" beilegte. Am 9. Oktober morgens 2 Uhr erschien die Flotte in aller Stille vor der Stadt und wagte auch sofort, von der Nacht begünstigt, einen Sturm. Die nichtsahnenden Einwohner wurden plötzlich durch Geschützdonner erschreckt. Die Schiffe im Hafen wurden überwunden, und in bunter Unordnung drängte sich der Feind an das Land, setzte an den schwächsten Stellen der Stadtmauer die Sturmleitern an und bemächtigten sich an verschiedenen Stellen der Gräben. Die plötzliche Not hatte alle Gemüter verwirrt, aber bald waren Soldaten und Bewohner zu gemeinsamer Verteidigung gerüstet, eilten an die gefährlichsten Stellen und stießen die Eindringlinge in die Gräben zurück. Kein einziger kam in die Stadt. Über das Mißlingen des Sturmes tröstete sich Soora mit dem besseren Erfolg des Kunstfeuers und der Geschütze. Eine mächtige Feuersbrunst verzehrte fast sämtliche Schiffe der Portugiesen, jubelnd über den durch das Feuer angerichteten Schaden zeigten sich die Achener des andern Morgens auf ihren festlich bewimpelten Schiffen und gebärdeten sich als Sieger, aber das grobe Geschütz aus der Stadt setzte ihnen derart zu, daß sie abzogen und bei der Insel Upe Stellung nahmen. Arme Fischer aus Malakka, welche die Nacht über mit Fischfang zugebracht hatten, stießen auf einen Hinterhalt der Feinde und wurden gefangen zu Soora geführt. Dieser ließ jedem von ihnen Nase und Ohren abschneiden und schickte sie so zurück mit einem Brief an den Statthalter von Malakka, Don Francesco de Melo. Der Brief lautete: „Ich, Bajaja Soora, der die Ehre hat, den Reis des großen Sultans Alradin, des Königs von Achen und aller der Länder, welche beide Meere bespülen, in goldenen Gefäßen zu tragen, tue dir kund, daß du deinem König anzeigen sollst, daß ich mich gegen seinen Willen hier befinde und seine Festung durch mein wildes Gebrüll in Schrecken setze und so lange hier bleiben werde, als es mir gefällt. Ich nehme zu Zeugen dessen, was ich sage, nicht nur die Erde und ihre Völker, sondern auch alle Elemente bis zum hohen Himmel des Mondes hinauf und durch diese Worte meines Mundes erkläre ich ihnen, daß dein König weder Tapferkeit noch Ruhm hat, daß seine niedergeschlagenen Standarten sich immer erheben können ohne Bewilligung desjenigen, der ihn soeben besiegt hat, daß ferner durch diesen erkämpften Sieg mein König den deinigen vollständig überwunden hat. Von diesem Tage an ist dein König Alradins Untertan und Sklave. Endlich, damit du dich recht von dieser Wahrheit überzeugen mögest, fordere ich dich auf, an dem Ort, wo ich mich jetzt befinde, dich im Kampf mit mir zu messen; wenn du Mut fühlst, so komme." Diese lächerliche Aufgeblasenheit charakterisierte den Barbaren vollständig. Der Statthalter und seine Räte gerieten in nicht geringe Verlegenheit, was zu tun, ob die Herausforderung anzunehmen oder zu ignorieren sei; wie dieselbe annehmen in Ermangelung aller Schiffe; wie sie ausschlagen, ohne sich zu entehren! Mittlerweile trat Pater Franz, welchen der Statthalter in dieser Angelegenheit hatte zu sich bitten lassen, in die Versammlung und man gab ihm den Brief des Soora zu lesen. Der Heilige, wohl wissend, daß es sich weniger darum handelte, die Portugiesen aus Malakka zu vertreiben, als die Christen im ganzen Morgenland zu vertilgen, erklärte, daß die Herausforderung angenommen werden müsse, denn die Ehre der christlichen Religion sei hier mehr im Spiel als die Interessen der Krone Portugals; wenn hier nicht entgegnet werde, so gehe der Übermut dieser Barbaren ins Schrankenlose und andere mohammedanische Fürsten fänden Ermutigung. Ihnen müsse gezeigt werden, daß der Schöpfer Himmels und der Erde mächtiger sei, als der König Alradin von Achen. Der Statthalter entgegnete: „Woher sollen wir aber die Schiffe nehmen, um uns in eine Seeschlacht einlassen zu können? Von den acht Fahrzeugen im Hafen sind nur noch vier zerbrochene Rümpfe übrig. Aber selbst wenn diese noch seetüchtig wären, was könnten wir mit ihnen ausrichten gegen die stolze Flotte des Feindes?" Xaver entgegnete: „Wie groß und alle Vorstellungen übertreffend die Zahl der feindlichen Schiffe sein mag, so dürfen wir uns doch für den Stärkeren halten, da wir den Himmel auf unserer Seite haben. Wer würde uns den Sieg streitig machen wollen, wenn wir im Namen des Herrn kämpfen!" Keiner wagte es, gegen die Worte des Heiligen Widerspruch zu erheben, und man begab sich ins Arsenal. Hier befand sich noch eines jener Schiffe, welche man Kadur nennt, in brauchbarem Zustand, außerdem sieben zerfallene, zum Verbrennen taugliche Fusten, d.i. kleine Fahrzeuge mit Rudern und Segeln. Man wandte sich behufs Ausbesserung an den Oberaufseher des Arsenals, Eduard Barreto, doch dieser weigerte sich, den Auftrag anzunehmen, unter dem Vorwand, das Magazin sei nicht mit dem hierzu nötigen Ausbesserungsmaterial versehen und die Arsenalkasse sei erschöpft. Dem Statthalter entsank der Mut. Xaver jedoch, von heiliger Begeisterung erfaßt, umarmte jeden der sieben Schiffskapitäne, welche an der Beratung teilgenommen hatten, und bat jeden, eines der schadhaften Fahrzeuge zu übernehmen und für Ausbesserung desselben Sorge zu tragen. Keiner mochte dem Willen des Heiligen entgegen sein, und jeder der Kapitäne übernahm ein Schiff. Mehr als 100 Handwerksleute begannen ihre Tätigkeit, und nach fünf Tagen waren die Fahrzeuge hergestellt und mit allem ausgerüstet, was zur Seeschlacht notwendig war. Den Kadur übergab nun Melo dem im Seekrieg tüchtigen Andreas Toskan. Unter die übrigen Kapitäne verteilte er 180 auserlesene Krieger, und als Admiral der kleinen Flotte bestimmte er Franz Deza. Xaver hätte die Flotte gerne geleitet, aber die Bewohner waren seinetwegen bekümmert und brachen in laute Klagen aus und bewegten ihn dadurch, von seinem Vorhaben abzustehen. Am Abend vor der Abfahrt versammelte er Kapitäne und Soldaten, sagte ihnen, daß er sie wenigstens im Geiste begleiten werde und daß sie in der Hitze des Gefechtes öfters einen Blick auf den Heiland werfen möchten, Furcht bliebe ihnen dann fern und sie würden sich glücklich schätzen, ihrem Erlöser Leben für Leben geben zu können. Die Soldaten waren durch die Worte Xavers so begeistert, daß sie feierlich gelobten, ihr Blut bis auf den letzten Tropfen für Christus zu lassen, worauf der Heilige ihr Sündenbekenntnis hörte und ihnen die heilige Kommunion reichte. Am folgenden Tag schifften sie sich ein und waren so fröhlich und wohlgemut, als ginge es zu einem Fest. Doch nur zu bald wurde ihre Freude getrübt. Das Admiralsschiff bracht, als kaum die Anker gelichtet waren, mitten entzwei, und nur mit Not konnte die Mannschaft gerettet werden. Das am Ufer versammelte Volk sah in dem Versinken des Schiffes ein Zeichen schlimmer Vorbedeutung, begann zu murren und verlangte mit großem Geschrei die Rückkehr der übrigen Schiffe. Der Statthalter, einen Aufstand befürchtend, sandte zu Pater Franz, welcher eben in der Kirche zu Unserer Lieben Frau vom Berge die heilige Messe feierte. Der Bote nahte dem Heiligen und wollte leise mit ihm reden. Dieser aber wies ihn sanft zurück und las die heilige Messe zu Ende. Hierauf sprach er zum Abgesandten: „Gehe hin und sag deinem Statthalter: Der Verlust eines Schiffes darf unsern Mut nicht niederschlagen." Darauf kniete er vor dem Bild der heiligen Jungfrau nieder, also betend: „O mein Jesus, Du Liebe meines Herzens, siehe mich an mit Deinem gnädigen Blick. Auch du, heilige Jungfau, habe Mitleid mit mir. Herr Jesus, siehe an Deine heiligen Wundmale und sei eingedenk, daß wir dadurch berechtigt sind, Dich um alles zu bitten, was zu Deiner Ehre und zu unserm Heile gereicht." Der Statthalter, den das Murren des Volkes außer Fassung gebracht hatte, machte dem Pater bei dessen Rückkehr Vorwürfe und maß ihm alle Schuld bei. Franz tadelte mit sanften Worten den herrschenden Wankelmut: „Wie mögt ihr doch eines Unfalles wegen, der nicht von großer Bedeutung ist, allen Mut sinken lassen!" Hierauf gingen sie miteinander an das Ufer des Meeres, wo die Bemannung des Admiralsschiffes in tiefer Entmutigung stand. Xaver suchte die Soldaten aufs neue anzufeuern und erinnerte sie an den dem Herrn geleisteten Schwur. Er sagte ihnen, der Himmel habe diese Prüfung als Probe ihrer Treue zugelassen, dabei aber die schützende Hand über sie gehalten, damit sie ihr Gelöbnis erfüllen könnten. Der Statthalter berief aufs neue den Kriegsrat, und allgemein wurde das Unternehmen als tollkühn verworfen. Nur die Soldaten und Anführer der Flotte erhoben Widerspruch: die Mannschaften seien ja nicht gemindert, und mit sechs Fusten könne man ebenso tapfer schlagen wie mit sieben. Hierauf nahm der Heilige das Wort: „Die verlorene Fuste wird bald ersetzt sein, noch ehe die Sonne untergeht, werden Schiffe ankommen, die besser zu unserm Zwecke taugen, als das untergegangene. Dies sei euch im Namen des Herrn verkündigt." Die ganze Versammlung, erstaunt über die so bestimmt ausgesprochene Versicherung, fand es jetzt für gut, den Beschluß der Beratung auf den morgigen Tag zu verschieben. Mit Ungeduld harrte man der Erfüllung des Versprechens und spähte bis zum Sonnenuntergang nach allen Richtungen am Meer umher. Schon wollte der Zweifel triumphieren, da erblickte man vom Turme der Kirche zu Unserer Lieben Frau vom Berge die Flaggen von Norden kommender portugiesischer Schiffe. Der Statthalter sandte sofort ein Boot ab, welches kurz darauf die Nachricht brachte, daß es protugiesische Handelsschiffe seien, welche, aus dem Königreich Patana kommend, geradewegs auf Peku zusteuern wollten, den Hafen von Malakka wollten sie links liegen lassen, weil sie keine Lust hätten, die üblichen Gebühren zu entrichten. Der Statthalter begab sich mit dieser Kunde sofort zu Pater Franz, den er in der Kirche zu Unserer Lieben Frau vom Berge in andächtigem Gebet fand und sagte ihm, seine Prophezeiung gehe zwar in Erfüllung, aber in einer Art, woraus für ihr Vorhaben doch kein Nutzen erwachse. Xaver übernahm es, die Schiffe anzuhalten. Ungesäumt bestieg er das Boot, welches vorhin auf Kundschaft ausgesandt war, und eilte den Kauffahrern nach. Als die beiden Schiffsherren den ehrwürdigen Missionär kommen sahen, wandten sie um und empfingen ihn mit Ehrerbietung. Dieser brachte sein Anliegen vor, gab zu bedenken, daß sie weiter segelnd den Barbaren zur Beute würden, daß sie für die Ehre des Namens Christi und das Ansehen der portugiesischen Krone dieses Opfer nicht scheuen möchten. Die Schiffsherren prüften den Stand der Sache, fügten sich den Gründen des Paters und liefen wirklich unter dem Jubel der Volksmenge in den Hafen von Malakka ein. Nach diesem Ereignis war niemand mehr im Zweifel, daß das Unternehmen ausgeführt werden müsse. Nachdem alles segelfertig stand, übergab Xaver dem Admiral Deza die Fahne, welche vorher feierlichst eingeweiht war. Die Zahl der Schiffe betrug nunmehr neun, und die Besatzung belief sich auf 230 Mann. Am 25. Oktober lief die Flotte aus. Dieselbe hatte vom Statthalter den Befehl bekommen, sich nicht über Pulo Cambilan, den äußersten Punkt der portugiesischen Besitzungen hinauszuwagen, den Feind aus dem Lande zu vertreiben, sei der Zweck des Unternehmens, aber nicht, denselben im Übermut in anderer Herren Länder zu verfolgen. Schon nach vier Tagen kamen die mutbeseelten Krieger an dem soeben bezeichneten Grenzpunkt an, ohne vom Feind die geringste Spur entdeckt zu haben. Der Admiral machte Anstalten, den Rückweg anzutreten, aber Streitlust der Untergebenen und die Hoffnung auf eine vollständige Niederlage der Sarazenen waren so stark, daß er dem Drängen nachgab. Der kriegerische Mut wurde jedoch bald in etwas gekühlt, indem ein so ungünstiger Wind zu wehen begann, daß sie volle 23 Tage vor Anker bleiben mußten. Als der Lebensmittelvorrat aufgezehrt war und der Wind noch immer keine Rückkehr nach Malakka ermöglichte, beschloß man, in dem in der Nähe des Königreiches Siam gelegenen Tenasserim sich mit dem Notwendigsten zu versehen. Malakka befand sich während dieser Zeit in großer Unruhe. Anfangs war es dem Pater gelungen die aufgeregten Gemüter zu beschwichtigen, als aber nach Verlauf eines Monates nicht die geringste Nachricht über den Zustand der Flotte eingelaufen war, da hielt man einen unglücklichen Ausgang des Kampfes für gewiß. Zauberer und Wahrsager, welche von heidnischen Frauen über das Schicksal der Krieger befragt wurden, trugen viel zur Befestigung der falschen Annahme bei, und das Volk lehnte sich entschieden gegen den Heiligen auf. Selbst der Statthalter fing an, schwankend zu werden. Der Heilige aber bewahrte allen Anfeindungen gegenüber die vollkommenste Ruhe und äußerte immer mit heiterer Zuversicht: „Über ein kurzes wird man die Flotte siegreich zurückkehren sehen." Nach jeder Predigt, nach jedem Gottesdienst forderte er die Gläubigen auf, ihre Gebete zum Himmel zu senden, um des dauernden Beistandes von oben sicher zu sein. Die Mehrzahl aber spottete seiner und sagte, das Gebet könne wohl den Seelen der in der Schlacht Gefallenen zugute kommen, aber nimmer vermöge es eine Niederlage in einen Sieg zu verwandeln. In dieser allgemeinen Bestürzung zeigte sich eine neue Gefahr. Der König von Bintan auf Sumatra hatte schon lange Gelegenheit gesucht, das unter der Herrschaft seines Vaters verlorene Malakka wiederzuerobern und jetzt, da er die Stadt aller Truppen ziemlich entblößt erachtete, hielt er die Gelegenheit für günstig, sich des ehemaligen Besitztumes wieder zu bemächtigen, schiffte sich mit 600 Segeln ein und lagerte 6 Meilen westlich von Malakka an der Mündung des Flusses Muar. Um mit List zum Ziel zu gelangen, wandte er sich friedlich an Melo, ihm Unterstützung antragend, er habe eine Flotte gegen den König von Patana gerüstet, sei aber, da er vernommen habe, daß die Portugiesen eine Niederlage im Kampf mit den Achenern erlitten hätten, gesonnen, als Freund Portugals die gefährdete und von Truppen entblößte Stadt zu schützen, man möge ihn daher einziehen lassen und ihm die Verteidigung der Stadt anvertrauen. Melo, durch die beharrliche Gemütsruhe des Paters auch beruhigt, durchschaute das Truggewebe und setzte List gegen List. Er antwortete, die Stadt bedürfe fremder Hilfe nicht, da sie vollständig mit Mannschaften und Kriegsvorräten versehen sei. Ein Held wie er dürfe den einmal beschlossenen Feldzug weder aufgeben, noch auf dem Weg sich aufhalten lassen. Das Opfer, welches er zu bringen gedenke, sei noch umso mehr überflüsssig, da ja die portugiesische Flotte nicht als besiegt, sondern als Siegerin mit reicher Beute beladen zurückerwartet werde. Das Schreiben des Statthalters hielt den König von Bintan in Schach. Er betrachtete es als das Klügste, nichts zu unternehmen, bevor sichere Nachricht über das Schicksal der beiden Flotten eingetroffen sei. Jetzt zum Schauplatz des malakkischen Seegeschwaders zurück. Sein Vorhaben, gegen Tenasserim zu segeln, hatte Deza des Wassermangels wegen ändern müssen. Um zu einer Quelle zu kommen, segelte man im Flusse Parlez eine Strecke stromaufwärts. Zur Nachtzeit begegnete man einem Fischernachen. Derselbe wurde angehalten und man erfuhr durch die Schiffer, daß die Achener ringsum alles verwüstet und geplündert hätten und im Begriffe ständen, eine Festung zu erbauen. Diese Nachricht erregte die freudigste Stimmung unter den Portugiesen. Deza, im Übermaß seiner Freude, beging die Unvorsichtigkeit, zum Zeichen, daß der Feind entdeckt sei, alles Geschütz losbrennen zu lassen. Klüger war die Aussendung von drei Fusten auf Kundschaft. Diesen kamen vier feindliche Brigantinen oder Rennschiffe entgegen, um zu erforschen, was der vernommene Kanonendonner zu bedeuten habe. Drei Brigantinen wurden sofort von den Fusten geentert, die vierte entkam durch die Flucht. Die Bemannung wurde bis auf sechs getötet, und diese setzte man, da sie nicht freiwillige Geständnisse über Stellung und Zahl der Feinde machen wollten, auf die Tortur. Zwei starben auf der Folter, zwei wurden wegen beharrlicher Auskunftsverweigerung ins Meer geworfen, die beiden andern ließen sich endlich zu Geständnissen bewegen, sagten aus, daß die Zahl der Achener sich, die Matrosen mitgerechnet, auf 10000 belaufe, daß der König, dessen Land sie erobert, sich nur durch die Flucht habe retten können, daß über 2000 Bewohner des eroberten Landes ermordet und ungefähr ebenso viele zu Sklaven gemacht seien; die Achener ständen jetzt im Begriffe, eine Zitadelle zu bauen, nicht nur, um den Schiffen die Vorüberfahrt zu wehren, sondern auch alle Christen, die ihnen in die Hand fallen würden, umzubringen. Durch diese Nachricht wurde der Mut der Soldaten aufs neue entflammt. Deza warf sich in ein Boot, musterte die Flotte und legte allen Soldaten ans Herz, den Worten Xavers gemäß während des Kampfes Jesus, den Gekreuzigten, vor Augen zu haben und des Gelübdes zu gedenken, das sie getan. Der Führer suchte nun, damit er mit den wenigen Schiffen nicht eingeschlossen werden könne, eine günstige Stelle im Fluß und harrte dort der Achener. Diese, durch die geflüchtete Brigantine benachrichtigt, begaben sich alsbald zu Schiff, und nur 200 Mann zur Bewachung der 2000 Gefangenen zurücklassend, segelten sie eiligst dem Feind entgegen. Sie kamen, von günstigen Winden unterstützt, mit solcher Geschwindigkeit den Fluß herunter, daß man, als Deza sich kaum wieder an Bord begeben hatte, schon ihren wilden Trommelschlag und ihr Geheul vernahm. Sie waren in zehn Glieder geteilt, von denen das erste aus den vier stärksten, die übrigen aus je sechs Schiffen bestanden. Die Wut der Barbaren war so groß, daß sie beim Anblick der portugiesischen Flotte alsbald das gesamte Geschütz losbrannten, verfehlten aber derartig ihr Ziel, daß nicht der geringste Schaden angerichtet wurde. Bald stießen die beiden Admiralschiffe aufeinander. Es kam zum Handgemenge, welches mit außerordentlicher Erbitterung eine Zeitlang währte. Da traf ein Kanonenschuß, auf dem Schiff des Ferdinand Skaretz abgebrannt, so gut, daß das Schiff des Soora in den Grund gebohrt wurde. Die drei das Admiralschiff begleitenden Gallionen, mit Rettung des Admirals und der vornehmsten Hauptleute beschäftigt, wandten sich seitwärts und nahmen keinen weiteren Anteil an dem Gefecht. Durch ihre Stellung wurden aber die folgenden Schiffe derart eingeengt, daß Glied auf Glied stieß und so der Feind sich selbst einschloß. Als die Portugiesen dies gewahrten, gaben sie jedem ihrer Schiffe eine möglichst vorteilhafte Stellung und feuerten dreimal aus allen Geschützen. Dies hatte den Untergang neun großer Schiffe zur Folge. Vier portugiesische Fusten enterten sodann sechs mohammedanische, die von Kanonenfeuer wenig gelitten hatten. Doch nun begann ein schreckliches Blutbad; mit dem Schwert in der Hand stürzten die Portugiesen in die feindlichen Schiffe und töteten binnen einer halben Stunde an 2000 Mann. Die Verwirrung der Feinde wuchs mehr und mehr, und viele zogen es vor, über Bord springend, lieber mit den Wellen als mit den Portugiesen zu kämpfen. Der feindliche Admiral, welcher, schon dem Ertrinken nahe, aus dem Wasser gezogen wurde, erholte sich jedoch wieder, versuchte die Reste seines Heeres noch einmal zu vereinigen, aber von einer Musketenkugel verwundet, entsank ihm aufs neue der Mut, und er entfloh mit zwei Schiffen. Die 500 adeligen Arobalons sowie die Janitscharen hatten gleiches Schicksal, entweder wurden sie erschlagen oder sie ertranken. Von der ganzen stolzen Flotte der Achener kamen nur jene mit dem Leben davon, die mit Soora die Flucht ergriffen hatten. Der Verlust der Portugiesen belief sich auf 26 Tote. Die Beute war groß. Zwei Schiffe, welche mit dem Raub der Barbaren beladen waren, kamen unbeschädigt in den Besitz der Sieger, außerdem noch 45 andere diensttaugliche Fahrzeuge und 300 Kanonen, darunter 62 mit dem Wappen Portugals versehene, die in verschiedenen Kämpfen zu verschiedenen Zeiten in die Hände der Besiegten gefallen waren. Der König des verwüsteten Landes brach jetzt aus dem Hinterhalt hervor, fiel über die Achener her, welche noch an der Zitadelle beschäftigt waren, tötete sie und befreite auch die 2000 Gefangenen. Alsdann begab er sich zum Admiral Deza, belobte diesen wegen der bewiesenen Tapferkeit und erbot sich freiwillig aus Dankbarkeit zur Entrichtung eines jährlichen Tributes an die Krone von Portugal. Deza säumte nicht, eine Fregatte mit der Siegesbotschaft nach Malakka zu senden; dort war man aber bereits unterrichtet. Am vierten Sonntag des Dezember predigte der heilige Xaver in der großen Kirche. Gerade in dem Augenblick, als die beiden Flotten im Parlez aufeinander-stießen, hielt er plötzlich inne, und von einer höheren Begeisterung ergriffen, schien er sich mit einer ganz andern Sache zu beschäftigen. Statt den Faden seiner Predigt wieder aufzunehmen, kündigte er den in höchster Spannung verharrenden Zuhörern den begonnenen Kampf in dunklen Worten an. Er schien denselben mitzuerleben, denn er geriet in immer höheres Feuer der Begeisterung. Sein Angesicht begann zu glühen, seine Blicke loderten, endlich sprach er tief aufseufzend mit erhobenen Augen folgendes Gebet: „Ach, Jesus, Gott meines Herzens, Vater der Barmherzigkeit, ich bitte Dich demütig durch die Verdienste Deines bitteren Leidens, Du wollest Deine Soldaten nicht verlassen!" Nach diesen Worten ließ er, wie in großer Erschöpfung, das Haupt sinken und, dasselbe in die Hände stützend, verharrte er so eine Zeitlang. Plötzlich erhob er sich und mit lauter Stimme freudigen Entzückens rief er: „Jesus Christus, meine Brüder, hat für und mit uns gekämpft und gesiegt. In eben dieser Stunde haben die Soldaten seines heiligsten Namens das Werk vollendet, die feindliche Flotte in Unordnung gebracht und ein Blutbad angerichtet, wobei nicht mehr als vier der Unsrigen umgekommen sind. Am nächsten Freitag werdet ihr die Siegesbotschaft offiziell erfahren und bald die nachrückende Flotte erblicken." So unglaublich die Tatsache auch erscheinen mochte, wagte niemand, auch der in der Kirche anwesende Statthalter de Melo nicht, die Worte des Paters in Zweifel zu ziehen. Am Nachmittag wiederholte er diese Aussage abermals in der Kirche Unserer Lieben Frau vom Berge, und zwar vorzugsweise vor den versammelten Frauen und Müttern der auf der Flotte dienenden Soldaten. Gleich in den ersten Tagen der Woche verließ der arglistige König von Bintan seine Stellung und ging in sein Land zurück. Er hatte nämlich bestimmte Nachricht von der Niederlage seines Bundesgenossen Soora erhalten und zog es jetzt vor, seine feindlichen Pläne aufzugeben. Am Freitag traf die Fregatte, und bald nachher auch die Flotte unter unbeschreiblichem Jubel des Volkes ein. Den Mittelpunkt der Verherrlichung bildete Pater Franz. Dieser aber begrüßte die Heimkehrenden mit dem Kruzifix in der Hand, um anzudeuten, wem dieser Sieg zu verdanken sei.

Das wundertätige Bild Unserer Lieben Frau von Quito

Am 20. April 1906 wurden 36 Schüler des Jesuiteninternates ("San Gabriel") von Quito, Ecuador, mit Pater Andreas Roesch Zeugen des ersten Wunders an diesem berühmten Bild. Während sie im Speisesaal weilten, sahen sie, wie die hl. Jungfrau langsam ihre Augen öffnete und schloß. Dasselbe Wunder ereignete sich später noch mehrmals, einmal in Anwesenheit der Knaben in der Klosterkapelle der Schule, wohin das Bild übertragen worden war. In der Folge wurde ein kanonischer Untersuchungsprozeß von den geistlichen Behörden durchgeführt, und der Generalvikar ordnete an, daß das Bild in feierlicher Prozession aus dem Jesuitenkolleg zur Kirche der Jesuitenpatres getragen werde. In der Kirche wiederholte sich das seltsame Zeichen öfters vor der dort versammelten Menge, und viele Bekehrungen fanden statt. Einmal ereignete sich das Wunder an drei aufeinanderfolgenden Tagen.
In Riobamba beobachteten mehr als 20 Personen das gleiche Wunder vor einem Nachdruck des Bildes. Auch der Bezirksvorstehr war Zeuge davon.
In Quito kennt man das Bild unter dem Namen "Schmerzensmutter des Kollegs".

GEBET ZUR HEILIGEN SCHMERZENSMUTTER

O Maria, Schmerzensmutter, ich bitte dich um der bitteren Qualen willen, die du am Fuße des Kreuzes erlitten hast, opfere dem Ewigen Vater in meinem Namen deinen geliebten Sohn Jesus, der ganz mit Blut und Wunden bedeckt ist, auf zur Sühne für meine Sünden, für die Notlage der hl. Kirche, für die Bekehrung der Sünder, für die Erlösung der Armen Seelen im Fegfeuer und für die besondere Gnade, um die ich nun bitte. (...) Amen.
Vater unser... Gegrüßt seist du, Maria... Ehre sei...

Donnerstag, 15. Februar 2007

Die wiederholten Tränenwunder von Mária-Pócs, Ungarn

MáriapócsPócs, oder wie es später genannt wurde, Máriapócs, ist heute noch ein unbedeutendes Dorf; auf der Landkarte kann man es kaum finden. Es liegt im Komitat Szabolcs, im Nordostteil des jetzigen Ungarn, von Nagykálló einige Kilometer entfernt. Nach deutscher Aussprache und Betonung heißt es: Pootsch. Dieser Ortsname wurde in deutscher Sprache, als das Bild nach Wien gebracht wurde, Pötsch, Pöts, Pötz, in der Schweiz Boetz, Betz und im Tessin Paez geschrieben. Der richtige Name ist Pócs, Máriapócs.
Die Einwohner waren reformiert und 50 Jahre früher von der östlichen Orthodoxreligion zu dem unierten Glauben übergetretene Griechisch-Katholiken. Die alte, aus dem 14. Jahrhundert stammende, ehemalige Kirche im gotischen Stil war in dieser Zeit protestantisches Gotteshaus. Die Griechisch-Katholiken, gleichfalls Magyaren, hatten eine mit vielen Türmen versehene, charakteristisch-orientalische Kirche aus Holz gebaut.
Der Pfarrer, oder der Parochus – wie der Seelsorger in der griechisch-katholischen Pfarrgemeinde benannt wurde – Daniel Papp, stammte aus einer geistlichen Familie und war selbst auch verheiratet. In der griechisch-katholischen Religion konnte er eine Ehe schließen. Der jüngere Bruder des Pfarrers war der in Pócs geborene Stefan Papp, der im Jahre 1675 in sein Dorf zurückkehrte und in der Haushaltung des Pfarrers lebte. Er war Maler.
Das Gotteshaus konnten die Gläubigen nicht vollständig einrichten; auf der Ikonostase mangelte das Bild der hl. Gottesmutter. Ladislaus Csigri, ein 20jähriger Sohn eines Bauern, der als 8jähriger Knabe in türkische Gefangenschaft geraten war, aber auf wunderbare Weise gerettet wurde, hat seiner inneren Stimme folgend, dem Maler Papp den Auftrag gegeben, daß er ein Bild der hl. Gottesmutter male. Papp übernahm den Auftrag für sechs ungarische Gulden. Das Bild malte er – nach der Ikonenmalerschule – auf getrocknetes, dünn gehobeltes Holz, benützte aber kein Musterbild. (Die Österreicher setzen den Vorgang auf das Jahr 1676 an.) Die Eltern des jungen Csigri wollten den Kaufpreis für das Bild nicht bezahlen, weil ihr Sohn die Bestellung ohne Anfrage und Bewilligung machte, worauf Laurenz Hurta, ein wohlhabender Landwirt in Pócs den Kaufpreis bezahlte und das Bild der Kirche schenkte.
Das Marienbild wurde nach der Segnung des Parochus auf die Ikonostase gestellt; die Gläubigen beteten vor dem Bild. Es ereigneten sich aber keine nennenswerten Geschehnisse.
Am 4. November im Jahre 1696 hat der Parochus in der griechisch-katholischen Kirche in Pócs die sonntägliche Messe nach der Liturgie des hl. Johannes Chrysostomus – altslawisch – gehalten; die Gläubigen beteten und sangen altslawische und ungarische Gebete und Meßlieder.
Nach der Wandlung fiel der Blick des Bauern Michael Eöry auf das Bild der Gottesmutter, an dem ein sonderbarer Glanz erschien, und er bemerkte erstaunt, daß von den Augen der Muttergottes helle Tränen herunterfielen, und zwar aus dem rechten Auge mehr als aus dem linken. Die Tränen fielen auf die Hand der hl. Jungfrau; deren Antlitz wurde fortwährend schmerzlicher, wie wenn es lebendig aus Fleisch und Blut gewesen wäre.
Eöry wollte den Gottesdienst nicht stören, aber er berührte den Arm des neben ihm sitzenden Johann Molnár, um diesen auf das Bild aufmerksam zu machen. Molnár beobachtete dasselbe mit Rührung, sah, daß die Mutter Gottes weinte, und er selbst brach auch in Tränen aus. Molnár gab seine Beobachtung nachher weiter, aber seine Zunge wurde vom Erlebnis des Tränenwunders fast gelähmt.
Wie ein vom Blitz entfachtes Feuer verbreiteten sich Verwunderung, Aufregung und Staunen. Alle Gläubigen beobachteten gerührt das Antlitz der Gottesmutter. Bei der Kommunion nahmen die Gläubigen mit tränenvollen Augen den Heiland zu sich. Der Parochus bemerkte die sonderbare Aufregung, aber den Grund der Erregung konnte er nicht kennen. Im Klang seiner Stimme war eine eigene Aufregung erkenntlich.
Am Ende der heiligen Messe schickte sich niemand zum Gehen an, ja, die Hintenstehenden drängten sich nach vorn, das Bild, das Antlitz der hl. Jungfrau betrachtend, dem noch immer Tränen aus den Augen fielen.
Beim Hinausgehen schaute der Parochus auf seine Gläubigen, hörte ihre Seufzer und folgte ihren Blicken. Der Parochus sah, daß die hl. Jungfrau Mutter Maria blutige Tränen weinte. Die Tränen fielen auf die Hand des Bildes nieder, bald auf die Hülle, welche das Bild bekleidete, wo die Tränen Spuren hinterließen. Die Gläubigen beteten laut, bereuten ihre Sünden; niemand bewegte sich. Die Tränen fielen fortwährend.
Endlich begann der Parochus zu sprechen, da sie alle das Tränenwunder sahen. Aber die Ursache des Geheimnisses konnte man nicht ausforschen. Die Güte des Himmels sei unermeßlich, betonte er. Er forderte seine Gläubigen zum Gehen auf. Hierauf verließen diese die Kirche, indem sie Loblieder zur Ehren Marias sangen.
Wenn auch kein Telefon und Telegraf war, verbreitete sich das Erlebte doch mit Windeseile. An der Vesper nachmittags nahmen nicht nur die Einwohner von Pócs teil. Zwei kaiserliche Offiziere aus Kálló erschienen. Der eine war ein Protestant, Bertrand de Willingsicusen – ein Ungläubiger –, der den Parochus verdächtigte, daß er den Tränenfluß verursacht habe; der andere Starmair Proviantoffizier. Beide Offiziere berührten die heruntergefallenen Tränen und ihre Finger wurden von den blutigen Tränen naß. De Willingsicusen betrachtete das Bild. Es wurde bald schwarz, als ob es ein dichter Nebel gedeckt hätte, bald glühend rot, ganz verändert, nachher farblos. Der Offizier war betroffen. Seine Kehle schnürte sich zusammen, bald schrie er laut auf: Es ist wahrlich ein Wunder, wahrlich echte Tränen, verzeihe mir, Gott, meinen Zweifel.
Tags darauf (am 5. Nov.) fuhr Jacob Kriegsmann, provisorischer römisch-katholischer Pfarrer von Kálló und Pócs, sehr früh weg aus Kálló, um in Pócs erster zu sein. Aber vor der Kirche wartete schon eine große Menge. In Kálló war das Wunder allgemein bekannt. Dort waren schon Graf Stempild, kaiserlicher Oberleutnant, Christoph Redlinsky, Jesuit, Georg Walter, beide Regimentskapläne, fünf andere kaiserliche Offiziere und manche von den Herren des Komitates. Alle sahen das Wunder. Pfarrer Kriegsmann hob ein sterbendes Kind zum Bild auf und dieses berührte das Bild. Der Knabe wurde geheilt. Tags darauf legte die Mutter, Gattin eines kaiserlichen Offiziers, einen mit Edelsteinen versehenen wertvollen Halsschmuck vor das Bild
der hl. Jungfrau. An diesem Tage stellte der Militärbefehlshaber in Kálló eine militärische Wache auf, die Tag und Nacht das Bild bewachte, damit es von niemand angerührt werde.
Die Kirche blieb auch später überfüllt von Betern. Soldaten kamen gruppenweise aus Kálló, Ecsed und anderen Ortschaften. Aus Pócs erschienen die protestantische Judith Geressy, Gattin Franz Baan's; die adeligen Georg Ballabás, Gemeindenotar; Johann Tisza, Grundbesitzer, und Peter Farkas. Alle sahen das Tränenvergießen; die manchmal blutigen Tränentropfen fielen bald auf die Hand der hl. Jungfrau Maria, bald auf die Decke herab. Die Besucher berührten die Tränen und waren tief ergriffen. Das Wunder bestärkte die Gläubigen, die Zweifler verstummten, auch sie wurden von der Wahrheit überzeugt.
Jacob Kriegsmann, römisch-katholischer Pfarrer, blieb bis 16. November in Pócs. Dann kehrte er nach Kálló zurück, schrieb eine Meldung an den Erzbischof, Graf Leopold Kollonics, daß er das Wunder sechsmal gesehen und die Decke berührt habe, auf welcher die Spuren der blutigen Tränen vorhanden waren. Das Wunder geschah am 4. November in der Gemeinde "Pooc", in dem Besitztum Rákóczi, wo "ich nach Anordnung Seiner Exzellenz der ärmste Parochus von etwa 20 der ärmsten katholischen Familien bin". Im Briefe meldete der Pfarrer, daß das Bild von Stefan Papp 20 Jahre früher gemalt wurde. Er bat den Erzbischof, daß er das Bild aus der Holzkirche nehmen und in Kálló unterbringen möge.
Gemäß den Angaben hielt das Tränenvergießen vom 4. November bis 8. Dezember in drei Perioden an. Neben einigen kleinen Drucksachen erschien das erste Buch "Abgetrocknete Tränen", welches die Ereignisse ausführlich schilderte. Nach dieser Quelle wurde das Werk: "Heylsamer Gnaden-Brunn, Wien 1703" und ein mit Vorwort von Joseph Ogesser herausgegebenes Buch: "Beschreibung der Metropolitankirche zu St. Stephan in Wien, 1779" erschienen. Das letzte Werk schilderte die Zeit folglich: "Dieses wunderwürdige Weinen dauerte drei Tage und Nächte hindurch, setzte hernach Mittwoch und Donnerstag, als den siebten und achten Tag dieses Monats aus, worauf es am neunten Tag wieder anfing und bis zum vierzehnten anhielt, an welchem Tage man nur eine Träne sah. Hierauf unterblieb dieses Weinen durch elf Tage, nach welchen es aber wieder angefangen, und ... bis zum 8. Dezember, dem Festtag der Unbefleckten Empfängnis Maria, fortgedauert hat."
Das wunderbare Tränenvergießen war einigen Protestanten unbehaglich, und sie verbreiteten das Gerücht, daß ein Schwindel vorliege. Man sagte: jemand habe das Holz durchbohrt, hinten sei ein Wasserbehälter mit Fischen und von der Bewegung der Fische sollten die Tränen in die Augen des Bildes treten.
Solches Gerede hielt niemand für ernst, der in der Kirche von Pócs war. Das Bild war nicht am Altar befestigt, wo man den hinteren Teil nicht hätte sehen können, sondern an der Ikonostase, deren Rückseite auch sichtbar ist.
Eine klare Widerlegung gab dann die Geschichte des letzten Tages.
Wie es erwähnt wurde, war Ungarn damals von kaiserlichen Truppen besetzt. Der Oberteil der Theiß – dies- und jenseits – hatte eine Kommandatur. Der Kommandant war Graf Johann Andreas Corbelli, Feldmarschalleutnant. Er ging aus Tokaj zur Truppenbesichtigung nach Kálló. Der wunderbare Tränenfluß wurde dem Kommandanten schon früher gemeldet und dieser wollte sich selbst überzeugen. Am 8. Dezember, bei ungewöhnlich kaltem Wetter, ritt Corbelli mit Christoph Neidfinger, dem Kommandanten der Truppe in Kálló, und glanzvoller militärischer Begleitung nach Pócs. Er ging mit seiner Begleitung gleich in die Kirche. Alle sahen, daß die Tränen aus beiden Augen der hl. Jungfrau Maria reichlich, warm, frisch herunterfielen, obwohl es auch in der Kirche so kalt war, daß alle Flüssigkeit gefror. Der General hörte, daß jemand hinter ihm sagte: "Das ist nicht möglich; Tränen können nur Menschen aus Fleisch und Blut weinen." Der General drehte sich nicht, aber nach der Besprechung mit dem Parochus, ließ er das Bild von der Ikonostase herunterheben. Corbelli nahm das Bild in die Hände, drehte es auf die andere Seite, in Anwesenheit von mehr als 300 Personen, worunter nicht wenige protestantischer Konfession waren. Er hat nach der genauestens unternommenen Untersuchung nicht die mindeste Spur eines Betrugs entdeckt. Alle Anwesenden konnten sehen, daß das Bild auf ein Holzbrett gemalt war. Am Holz waren keine Risse, Öffnungen oder Löcher. Das Bild weinte auch in dieser Zeit weiter, und zwar reichlicher als vorher. Der General schaute das Bild voll Rührung an. Das Herz des Zweiflers wurde mit Reue erfüllt.
Das Bild wurde nach dieser gründlichen Untersuchung auf die Ikonostase zurückversetzt. Der General erklärte feierlich: "Ja, das sind wahrhaftige Tränen, ein wahrhaftiges Wunder", worauf dies die anderen Offiziere wiederholten und auf die Knie fielen. Der Parochus erwähnte dem General, daß es nie vorgekommen sei, daß der Wein in dem Kelche gefroren wäre wie diesmal; er wärmte den Kelch mit den Händen, um den Wein flüssig zu machen. Der General erwiderte gerührt: "Nur diese Tränen gefroren nicht. Ich bin bereit, vor jedem Gericht ein Zeugnis darüber abzulegen."

Bischöfliche Untersuchung

Die griechisch-katholische Pfarrei in Pócs gehörte in dieser Zeit unter die Jurisdiktion des römisch-katholischen Bistums von Eger. Darum ordnete der Bischof von Eger, Georg Fenesy, die kirchliche Untersuchung an und nicht der griechisch-katholische Bischof von Munkócs. Fenesy bestimmte Andreas Pettes, Bischof von Ansara, Großprobst des Bistums, als seinen Stellvertreter, die Untersuchung vorzunehmen. Der Bischof Pettes hat Kanonikus Josef Csete von Eger, Erzdechant des Komitats Szabolcs, und als Notar Andreas Demjányi, Pfarrer von Tokaj, delegiert, um die Zeugnisverhöre vorzunehmen.
Die Zeugnisverhöre wurden am 26. Dezember in Pócs begonnen und tags darauf fortgesetzt. Die bischöfliche Kommission verhörte 36 Zeugen, katholische und protestantische Bewohner von Pócs, den römisch-katholischen Pfarrer in Kálló, den Parochus in Pócs, katholische und protestantische kaiserliche Offiziere. Auf gleiche Weise sagten diese alle aus, daß sie das Tränenvergießen gesehen hatten, die Tränen seien oftmals blutig gewesen, sie seien auf eine Decke gefallen, wo eine Spur geblieben sei. Sie sahen, daß das Antlitz und die Augen des Bildes sich veränderten, auch sahen sie bei der Untersuchung durch General Corbelli, daß die Tränen noch reichlicher fielen. Die Zeugen leisteten einen Eid auf ihre Aussage.
Graf Corbelli sandte seine eigenhändig niedergeschriebene Aussage an den Bischof von Eger und erstattete dem Kaiser einen Bericht vom Wunder. Einige Zeugen kamen später an; etliche Offiziere waren inzwischen anderswohin versetzt worden. Die Kommission verhörte diese Zeugen nicht, aber andere Zeugen konnten von ihrer Beobachtung auch Bericht erstatten.
Bischof Andreas Pettes, bischöflicher Stellvertreter, faßte die Ergebnisse der Untersuchung zusammen und erklärte vor dem Kapitel am 2. Januar 1697, daß in dem Komitat Szabolcs, in der ruthenisch-liturgischen Kirche von Pócs mehrere Tage lang reichliche heilige Tränen aus den Augen Marias gefallen seien. Dieses Resultat wurde in der Anwesenheit des Bischofs Fenesy und der Mitglieder des Domkapitels durch Bischof Pettes veröffentlicht, worauf der Diözesanbischof Fenesy erklärte: Vere miraculum factum est (Wahrlich ist ein Wunder geschehen), und die Sitzung des Domkapitels schloß mit dem Gesang des Hymnus: Te Deum laudamus.

Überführung des Gnadenbildes nach Wien, dortige Feierlichkeiten

Leopold, Kaiser des deutsch-römischen Reiches und apostolischer König Ungarns, und seine Gattin Eleonora, vernahmen von dem Wunder des Marienbildes durch den General Corbelli und den Oberleutnant Graf Stempild, der die blutige, tränenbenetzte Decke ohne Erlaubnis des Parochus nach Wien mitgebracht hatte, um seine Braut von ihrer Krankheit zu heilen. Er schenkte die Decke mit den Spuren der blutigen Tränen dem kaiserlichen Ehepaar.
Der Kaiser ordnete, hauptsächlich auf den Wunsch seiner Gattin und auf den Rat des auch in der Schweiz bekannten Paters Marco d'Aviano, die Überführung des Wunderbildes nach Wien an. Zur Ausführung seines Befehls berief er den Bischof von Eger. Der Bischof, Georg Fenesy, gehorchte dem kaiserlichen Befehl und beauftragte Graf Emmerich Csáky, den Domherrn von Eger, Abt von Tapolca und Pfarrer der Stadt Kassa, daß er das Gnadenbild nach Wien bringen solle. Der junge Graf ging Ende Februar 1697 mit Pfarrer Demjányi und glänzendem Gefolge und mit militärischer Sperrkette nach Pócs. Der Graf wurde vom Parochus, Daniel Papp, begrüßt, aber die Stimme versagte ihm, worauf der Graf den alten, am ganzen Körper zitternden Pfarrer umarmte. Graf Csáky teilte den Anwesenden mit, daß er dem Befehl des Kaisers zu gehorchen habe und den Auftrag seines Bischofes ausführen müsse. Die Gläubigen, die durch die ganze Nacht gebetet hatten, und von anderswo gekommene Leute murrten. Einige wollten das Forttragen des Bildes verhindern, so auch Ladislaus Csigri, der in dieser Zeit Dorfrichter war.
Der Parochus bat seine Gläubigen, daß sie sich nicht widersetzen sollen. Sie könnten die Ausführung des kaiserlichen Befehls nicht verhindern. Dann trugen vier Priester das Bild aus der Kirche. Das Volk schluchzte, küßte das Bild, welches nachher auf einen Triumphwagen gesetzt wurde. Der Parochus begleitete mit seinen Gläubigen das Bild bis zur Grenze des Dorfes, nachher gingen sie nach Hause.
Die ersten Stationen des Bildes waren Kálló, Tokaj, Barca, Kassa und Eger. Unterwegs mußte die Begleitung stehen bleiben, um die Gläubigen vor dem Bild huldigen zu lassen. In Eger empfing Bischof Fenesy mit seinem bischöflichen Hof das Bild; von Eger ging der Zug nach Pest und Buda. Die ganze Fahrt war ein Triumphzug, unterwegs geschahen mehrere Wunder.
Von Buda ging der Zug nach Wien. Am 3. Juli 1697 erreichten die Begleiter die Stadt, wohin sie tags darauf einzogen. Der Fürsterzbischof ging vom St. Stephansdom in einer Prozession vor dem Bild, und dieses wurde durch die mit Fahnen und Blumen geschmückten Gassen in die neben dem kaiserlichen Hof liegende Kapelle des Lustschlosses Favorita (jetzt Theresianum) gebracht, wo der Kaiser und die Kaiserin dem Bild huldigten. Aus der Lustschloßkapelle wurde das Bild am 7. Juli in die Augustiner Kirche begleitet, wo die Kaiserin es mit einer diamantenen Rose schmückte und "Rosa mystica" nannte. In der Augustiner Kirche hielt der berühmte Kanzelredner Abraham a Sancta Clara eine mächtige Predigt vor riesiger Volksmenge. "Hierauf wurde das Bild – laut Beschreibung der Metropolitankirche – bei einer sehr volksreichen Prozession, unter Begleitung der gesamten Klerisei, der kaiserlichen Majestäten und der durchlauchtesten jungen Herrschaft nach St. Stephan übertragen und dort auf einem neben der Schatzkammer errichteten Altar zur öffentlichen Verehrung aufgestellt, wobei der ganze kaiserliche Hof die heilige Kommunion empfing, und hierauf eine Predigt und ein Hochamt gehalten wurde. Nachdem es 14 Tage in der Domkirche verblieben, wurde es wieder in die Favorita übertragen. Weil aber alle geistlichen Gemeinden ein inbrünstiges Verlangen äußerten, dieses Gnadenbild in ihren Kirchen verehren zu können, wurde es mit allerhöchster Bewilligung in den meisten hiesigen Kirchen, sowohl in als vor der Stadt, überall für kürzere oder längere Zeit zur öffentlichen Verehrung aufgestellt, wo man die Gotteshäuser zierte und den Gottesdienst mit sinnreichen Predigten, prächtigen Hochämtern, Vespern und Litaneien zu verschönern suchte, bis es endlich aus der Pfarrkirche von St. Ulrich unter Begleitung der ganzen Klerisei und vieler Bruderschaften wieder in die Domkirche übertragen wurde."
Um diese Zeit zählte man den 1. Dezember; also fünf Monate lang war Wien der Ort des
öffentlichen Gebetes, der Verehrung und der Feierlichkeiten.
Am 11. September 1697 war auch eine feierliche, flehentliche Andacht in Wien. An diesem Tage errang Prinz Eugen bei Zenta einen Sieg. Er vernichtete das türkische Heer. Dieser Sieg wurde der Hilfe der Gottesmutter von Pócs zugeschrieben. Das war auch die Meinung des berühmten Abraham a Sancta Clara. Die Leute betrachteten damals und auch später die hl. Jungfrau Maria von Pócs als Schützerin Wiens.
Das Gnadenbild wurde am 1. Dezember endgültig über dem Tabernakel des Hochaltars der Domkirche aufgestellt. Kaiserin Eleonora ließ das Bild mit einem kostbaren Rahmen und zwei mit Diamanten geschmückten Goldkronen zieren.
Vor dem Gnadenbild der Gottesmutter wurde alltäglich eine vom Wiener Magistrat gestiftete heilige Messe gelesen, und zwar in der Form eines Hochamtes. Kaiser Josef II. (1780-1790) – der sich in die inneren kirchlichen Angelegenheiten einmischte – stellte diese ständige Messe ein und entfernte auch die vielen Rahmen.
Die Verehrung der Gottesmutter hielt aber weiter an. Mit barocker Feierlichkeit beging Wien 1797 die Hundertjahrfeier der Übertragung des Bildes. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden jährlich heilige Messen vor dem Gnadenbild zelebriert. Ämter aber nur zweimal: am 7. Juli, Tag an dem das Gnadenbild in den St. Stephansdom zum erstenmal getragen wurde, und zwar am Sonntag nach dem Feste Mariä Heimsuchung; ferner am Sonntag nach dem 4. November, Tag an dem sich das Tränenwunder erstmals zeigte. Auch heute feiert das Wiener Domkapitel diese sogenannten "Maria-Pötsch-Ämter" weiter.

Geschichte des Gnadenbildes in Wien

Das Gnadenbild von Pócs (70 x 50 cm) ist ein mit Temperafarbe auf Holz gemaltes Brustbild der hl. Gottesmutter, die das Gotteskind auf der Linken hält. Das Kind segnet mit der Rechten und hält in der Linken eine Blume. Maria trägt einen Purpurmantel, das Kindlein Jesu griechische Kleidung. "Kunsthistorisch wird diese Darstellungsweise von byzantinischen Ikonentypus der Hodegetria abgeleitet. Genau genommen besteht das Tafelbild aus zwei, mit Hilfe von Keilen, zusammengehaltenen Eichentafeln. Längs der Mittelkanten der beiden Holztafeln, klafft zur Zeit (1961) durch das ganze Bild gehend ein Spalt mitten durch den linken Augenwinkel der Muttergottes.
Am unteren Rand des Bildes stehen mit ungelenken Buchstaben der cyrillischen Schrift, gegen Ende unleserlich werdend und sich verlierend, die Worte: "Ich habe dieses heilige Bild aufgestellt zur Verzeihung meiner Schulden..."... Schon allein der Umstand, daß es sich um die Nachbildung eines altchristlichen Marienbildes handelt, ist bezeichnend für den Geist der Gegenreformation. Damals griff man in der Auseinandersetzung mit dem Lutheranertum bei der Verteidigung des Marienkultes mit Vorliebe auf älteste Mariendarstellungen zurück, um so die Verankerung der Muttergottesverehrung in der katholischen Tradition wirksamer in Erscheinung treten zu lassen. Das berühmteste, dem hl. Lukas zugeschriebene Madonnenbild, besaß eine Kirche im Reiseführerviertel zu Konstantinopel. Daher sein Name "Hodegetria = Wegweiserin" ... Es zeigt die Muttergottes ähnlich dem Pötschbild von St. Stephan im halbfiguren Hodegetriatypus, wie er seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts im ganzen Abendland Verbreitung gefunden hat."
Die Stellung dieses Bildes auf dem Hochaltar war aber für die Gläubigen schon in der früheren Zeit nicht geeignet. Sie konnten nicht in die Nähe des Gnadenbildes treten.
In den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde deshalb eine dem Maler Leopold Kuppelwieser zugeschriebene Kopie aus der Nazarenerschule am ersten linken Pfeiler beim Eingang im Stephansdom aufgestellt. Diese künsterlische Kopie milderte die Härte des Originalbildes und erfreute sich beim Volke einer viel größeren Beliebtheit als das Original und wurde daher mehr verehrt. Vor diesem Bilde brannten ständig Kerzen, und es beteten unentwegt Menschen. Diese gaben dem Innenbild der Domkirche einen charakteristischen Zug. Das Originalbild ist somit einigermaßen in den Hintergrund geraten. Auch die neueren Andachtsbilder wurden von diesem Abbild kopiert und verbreitet.
Das Originalbild, ebenso die Kopie sind im Laufe der Zeit mit vielen Votivgaben geschmückt worden. Die von Kaiserin Eleonora geschenkten zwei Goldkronen blieben weiter auf dem Original. Diese goldenen Kronen und sämtliche Schmuckstücke, im Werte von 20'000 Goldkronen, wurden in der Nacht vom 18. auf den 19. März 1903 von dem Originalbilde gestohlen. Von den Übeltätern ließ sich keiner mehr ausfindig machen. "Aus Sicherheitsgründen wollte man seither das Originalbild nur mehr an den höchsten Feiertagen des Kirchenjahres über dem Hochaltar des Stephansdomes aufstellen. Während der gewöhnlichen Kirchenzeit behalf man sich auch dort mit einer schlechten Kopie."
Ein noch schwerer Fall ereignete sich mit der vorerwähnten Kopie.
Am 11.-13. April 1945 trafen Bombenangriffe den Stephansdom, welche auch den Einsturz der Chorgewölbe verursachten. Das glühende Feuer vernichtete einen Teil der Kirche, besonders den Hochaltar. Die unversehrt gebliebene Kopie wurde wegen der Renovation am 13. Oktober 1946 in die Kirche am Hof (damals Jesuitenkirche) feierlich übertragen. Rund 10'000 Gläubige, dabei Erzbischof Kardinal Innitzer, begleiteten das Bild "der Schutzfrau von Wien". Wenige Tage nach der Übertragung, in der Nacht vom 16. auf den 17. Oktober, wurde diese Kopie mit den Kostbarkeiten und dem 40kg schweren, ornamentierten Silberrahmen gestohlen. Von den Dieben und dem Marienbild fehlt bis heute jede Spur. Außer dem künstlerischen und kulturhistorischen Werte stellte der Silberrahmen einen entsprechenden Materialwert dar. Die Edelsteine an diesem Bild waren nicht echt und die Kronen nur dünnes vergoldetes Silberblech.
Da die Kopie durch Diebstahl verloren war, interessierte sich die Öffentlichkeit für den Ort des Originals. Anläßlich der Entwendung der Kopie teilte die Wiener Zeitung (am 18. und 24. Oktober 1946) beruhigend mit: Das Original befindet sich nach wie vor in sicherer Obhut im Fürstbischöflichen Palais. Das Gnadenbild war also in der Zeit des Bombenangriffes nicht auf dem Hauptaltar, der bei dem Bombenangriff zugrunde gegangen war.
Seit 8. Dezember 1948, dem Jahr der Wiedereröffnung des Langhauses, wird das Originalbild – nunmehr aber völlig schmucklos – im alten Silberrahmen vom Jahre 1697 mit dem Strahlenkranz unter dem Baldachin in der südwestlichen Ecke des Domes verehrt, wo es über einem eigens errichteten Marmoraltar aufgestellt ist. Auch heute finden sich zahlreiche Andächtige vor dem Gnadenbild von Pócs ein.
Die Geschichte des Gnadenbildes nahm mit diesem Ereignis kein Ende.

Abbildung von Pócs; Bau und Rangerhöhung der Wallfahrskirche

Nach dem Transport des Gnadenbildes nach Wien waren die Einwohner von Pócs traurig. Sie wollten eben das fortgeschleppte Bild für sich behalten. Der Parochus schrieb ein Gesuch an den Kaiser, daß die Einwohner von Pócs das Bild für die Kirche zurückbekommen möchten, was ihm der Kaiser übel nahm. Doch richtete dieser einen Erlaß an den Bischof von Eger, in dem er versprach, ein Abbild des nach Wien gebrachten Gnadenbildes nach Pócs zu versenden. Dieses Abbild kam jedoch nie nach Pócs.
Pócs bekam ein dem Originalbilde gleiches Abbild erst im Jahre 1707. Es ließ der damalige Bischof von Eger, Stephan Telekesy in Wien, auf seine eigenen Kosten das Bild malen und sandte es nach Pócs für die griechisch-katholische Kirche.
Dieses Gnadenbild befindet sich seit 1946 in der Basilika von Máriapócs auf einem "goldenen" Altar. Es wurde mit zwei Kronen geschmückt und mit einem Prachtsgewand bekleidet. Jetzt kann man nur das Antlitz der hl. Jungfrau Maria und des Jesuskindes sehen.
Für die Holzkirche in Máriapócs wurde es von Tag zu Tag schwieriger, die von weither nach Pócs fahrenden Pilger aufzunehmen. Georg Gennadius Bizanczy, griechisch-katholischer Bischof, apostolischer Vikar, fing 1731 den Bau der mächtigen, mit zwei großen und drei kleinen Türmen versehenen Wallfahrtskirche an. Erst sein dritter Nachfolger, Manuel Olsavlszki, konnte den Bau vollenden (1756). Er vertraute die Seelsorge den Basilianern an, die seitdem eine gesegnete Tätigkeit ausübten. Der Orden wurde von der kommunistischen Regierung 1950 aufgelöst.
Eine wesentliche Änderung vollzog sich in der Geschichte der Wallfahrtskirche im Jahre 1946.
Anläßlich des 250jährigen Jubiläums des ersten Tränenvergießens und des 300. Jahrestages der Vereinigung der römisch-katholischen Kirche mit den orthodoxen Gläubigen, hat Papst Pius XII. die Kirche von Máriapócs mit dem Titel und der Würde "Basilica minor" ausgezeichnet. Er tat dies auf das Gesuch des Provinzials des Mönchsordens des hl. Basilius – mit der Unterstützung des Erzbischofs von Esztergom und Metropoliten der griechisch-katholischen Gläubigen, Kardinal Mindszenty, ferner des griechisch-katholischen Bischofs von Jajdudorog, Nicolaus Dudás.
Der Rang einer Basilica minor war ursprünglich das Privileg der neun Kirchen Roms, später bekamen auch bedeutsame Wallfahrtskirchen diesen Titel, welcher mit einigen Sonderrechten verbunden ist.
Die Wallfahrtskirche in Pócs ist dem Erzengel St. Michael geweiht, aber der Kirchweihtag ist am 8. September, dem Geburtstag der hl. Jungfrau Maria. An diesem Tage wallfahren die Pilger von weiten Gegenden nach Máriapócs.

Apostolischer Brief; weitere Tränenwunder

Die oben erwähnte Auszeichnung Papst Pius' XII. – nämlich die Erhebung der Kirche von
Máriapócs in den Rang einer Basilica minor – geschah in der Zeit, da die "Staatsmänner" der USA, Englands und Rußlands in Teheran und Yalta (vier Jahre früher) ein Übereinkommen geschlossen hatten. Darin lieferten sie Ungarn, das mehr als 1000jährige christliche Land, ohne Befragen der Bevölkerung, ja sogar gegen den Willen der Nation, dem kommunistischen Staat Rußland aus. Sie verschenkten nicht eigenes Land und Volk, sondern eine freie, unabhängige, nicht ihnen gehörende Nation.
Der apostolische Brief vom 25. März 1948 hob in der Einleitung die Verdienste des ersten ungarischen Königs St. Stefan hervor, der den katholischen Glauben ausbreitete und die Gottesmutter zur Patronin Ungarns wählte.
Der Papst erklärte, daß das auf Holz gemalte Bild der hl. Jungfrau Maria in Pócs vom 4. November bis zum 8. Dezember 1696 mehrmals Tränen vergossen und daß es von Kaiser und König Leopold nach Wien gebracht worden sei. Dann stellte der apostolische Brief fest, daß die Gottesmutter das Dorf Pócs auserwählte. Das genaue Abbild des Originals habe nämlich am 1., 2. und 5. August 1715 wieder geweint, was die Behörde des Bistums Eger gründlich untersucht und festgestellt habe. Die Wallfahrten der Gläubigen seien dann immer zahlreicher geworden. Nicht nur das magyarische Volk, sondern auch die slawischen Völker, besonders die Ruthenen und ebenfalls die Rumänen, suchten es auf.
Im Jahre 1905 ereignete sich neuerdings ein Tränenvergießen. Diesmals wurde es von der Behörde des griechisch-katholischen Bistums in Munkács – wozu Pócs zu dieser Zeit gehörte – untersucht und als übernatürliche Erscheinung erklärt.
Dann begünstigte der Papst die Vereinbarung der Ostchristen und gewährte deren Vereinigung mit der römischen Kirche. Er schloß seinen Brief folgendermaßen: "Mit unserer apostolischen Autorität, kraft unseres Briefes zieren wir die griechisch-liturgische Kirche in Pócs ewig mit dem Titel und der Würde der Basilica minor."
Der apostolische Brief stellt drei Tränenflüsse des Marienbildes in Pócs fest. Das erste Tränenwunder war an dem Bild, von dem wir bisher berichtet haben, das zweite und dritte – in den Jahren 1715 und 1905 – an der Abbildung in Pócs, welche eine Kopie des Originals ist.
Zufolge des Tränenwunders ist auch dieses Abbild ein originales Gnadenbild geworden.
Von dem zweiten Tränenwunder erschien ein Buch 1751 in ungarischer Sprache. Unsere Angaben wurden dem Buch des Priesters Uriel entnommen, welches auch die Aussagen der Zeugen enthält. Die bischöfliche Untersuchung war schon am 15. August im Gange; sie wurde von Johann Kiß, Großpropst des bischöflichen Kapitels, mit dem gleichnamigen Domherrn durchgeführt.
Nach den Aussagen der Zeugen wurde das Antlitz der Jungfrau so verändert, daß es fast schwarz schien, und das Weiße der Augen war rot geworden. Am 5. August war der Tränenfluß so reichlich, daß das Antlitz, die Brust und die Hände des Bildes mit Tränen ganz bedeckt wurden. Diesmal war ein geweihtes Gefäß unter das Bild gesetzt. Die Zeugen – verschiedenen Glaubens – sahen das Tränenvergießen. Der Bischof von Eger erklärte nach der Untersuchung – am 19. September 1715 – daß das Dorf Pócs ein Gnadenort sei und er bewilligte die öffentliche Verehrung des Bildes.
Zum dritten Mal geschah das Tränenwunder in Pócs am 3., und dann am 6., 19., ferner 30. und 31. Dezember 1905. An diesen Tagen flossen die Tränen langsam, in kristallreinem Glanz; aber das Antlitz des Bildes wurde dunkler, das Weiß der Augen rot.
Besonders am 6. Dezember war diese Erscheinung zu beobachten, als ein Basilianermönch die Glastüre des Bildes öffnete, um das Bild den Gläubigen zum Kuß zu reichen. Ein kleines Polster wurde unter das Bild gesetzt; dieses ist in der Kirche in einem Rahmen eingefaßt. Da fand eine kirchliche und weltliche Untersuchung statt. 59 Zeugen wurden verhört, unter ihnen ein Universitätsprofessor, ein reformierter Apotheker, ein Arzt jüdischen Glaubens, die das Tränenvergießen gesehen hatten. Eine genaue wissenschaftliche Untersuchung wurde
durchgeführt, welche das Wunder bestätigte.
Dr. I. von Méhes (1961)
Aus: "DAS ZEICHEN MARIENS", 24. Jahrgang, Nr. 6-7, November A.D. 1990, Seiten 7550-7553/7556